Insbesondere auch vor dem Hintergrund der anstehenden großen Investitionsvorhaben in den Infrastrukturbereich mit insgesamt einem Volumen von mehreren hundert Milliarden Euro besteht die Befürchtung der Verschwendung von Steuergeldern in größerem Umfang. Die Geschichte lehrt, so ist auch in Fachmedien und beim Bund der Steuerzahler zu lesen, dass es bisher mit der Haftung der politischen Entscheidungsträger, sofern durch ihre Entscheidungen eine Geldverschwendung eintritt, insgesamt nicht gut bestellt war und ist.
Gerne wird in diesem Zusammenhang – auch medienwirksam – beispielhaft auf eine Geldverschwendung und fehlende grundlegende Haftung beim „Cum-Ex Desaster“, bei der Beschaffung von Corona-Masken oder bei Northvolt hingewiesen und diskutiert. Im hier besonders zu betrachtenden Verkehrsbereich wird immer wieder die Frage nach einer Haftung im „Maut- Debakel“ und bei „desaströsen finanziellen Verkehrsinfrastrukturprojekten“ wie z.B. dem Flughafen Berlin-Brandenburg oder Stuttgart 21 aufgeworfen. Den Bau des Flughafen Kassel-Calden ließen sich die Verantwortlichen ca. 280 Mill. € alleine an Investitionsmitteln kosten. In der Zeit der großen Sommerferien in Hessen und den angrenzenden Bundesländern (sechs Wochen) starten insgesamt weniger als 40 „touristische“ Flüge von diesem Flugplatz. Auch in Hessen: Zwischen Kassel und Eisenach wird die teuerste Autobahn Deutschlands und eine der teuersten der Welt gebaut – und ist nach jahrzehntelanger Planung und Kostenexplosion immer noch nicht fertig. Bisher kostet der Kilometer der Neubaustrecke bereits rund fünf- bis sechsmal so viel wie üblich. Ein wichtiger Streckenabschnitt am Ende fehlt.
Nicht nur gelegentlich wird auch die Frage einer Haftung bei der Auszahlung von Steuergeldern (Subventionen) z. B. an Projektmittelempfänger diskutiert, wenn eine miserable Zielerreichung (Wirkungsgrad) und damit Verschwendung von Steuergeldern festzustellen ist. Auch bei Leistungen, die allgemein privaten Haushalten zugutekommen, gibt es Verschwendung. Beim milliardenschweren Deutschlandticket, von den Protagonisten gerne als Instrument der „Verkehrsverlagerung“ und als „Umweltticket“ bejubelt, könnte vor diesem Hintergrund die Frage einer Haftung der Verantwortlichen für diese augenscheinliche Zielverfehlung und damit Geldverschwendung in Milliardenhöhe diskutiert werden, da kein nennenswerter Anstieg der Umsteiger Zahlen und damit einer Verringerung der Autonutzung zu beobachten ist.
Die beachtlichen Steuerverschwendungen sind in einer Gesamtbetrachtung insbesondere auf fünf Ursachen zurückzuführen. (1) Fehlplanung und Kostenexplosionen: Viele öffentliche Bauprojekte werden schlecht kalkuliert, sodass die Kosten weit über die ursprünglichen Schätzungen hinausgehen. (2) Ineffiziente Bürokratie: Übermäßige Verwaltungskosten und komplizierte Genehmigungsprozesse führen dazu, dass Gelder nicht optimal genutzt werden. (3) Unnötige Subventionen: Manche Förderprogramme laufen weiter, obwohl ihr Nutzen fraglich ist oder sie nicht mehr zeitgemäß sind. (4) Mangelnde Kontrolle: Fehlende Transparenz und unzureichende Prüfmechanismen ermöglichen es, dass Steuergelder ineffizient ausgegeben werden. (5) Politische Entscheidungen ohne wirtschaftliche Grundlage: Manche Projekte werden aus politischen Gründen gestartet, ohne dass eine solide wirtschaftliche Analyse dahintersteht.
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer und die Vorsitzende des Vereins für Socialpolitik Regina Riphan – so ist zu lesen – weisen darüber hinaus allgemein u.a. darauf hin, dass Erkenntnisse nicht „systematisch und strukturiert“ genutzt werden. Die Verantwortung für Evaluierungen sei „zu fragmentiert; es fehle an Qualitätssicherung“. „Im Ausland ist die Evaluation oft besser institutionalisiert“, so Schnitzer. Nach Auffassung von Tomaso Duso, Vorsitzender der Monopolkommission, fehle in Deutschland strukturell eine Kultur der Evaluierung. Dies sei zum einen in der Angst von Behörden begründet „Fehler nachgewiesen zu bekommen“, zum anderen mit dem Mangel an Mut von Politikern, Fehler zuzugeben und Entscheidungen umzukehren.
Im Gesamtkontext der Verschwendung von Steuergeldern fordert etwa der Bund der Steuerzahler im Rahmen einer Reform des „Bundesministergesetzes“ eine Haftung von Ministern im Falle grob fahrlässiger Entscheidungen, ähnlich im Falle einer Pflichtverletzung bei Beamten. In der Folge von Haftungs- und Schadenersatzfragen – nicht nur im Zusammenhang bei einem ministeriellen Handeln – wird zunehmend, gerne auch für politische Entscheidungsträger allgemein, die Frage einer strafrechtlichen Verfolgung bei einer Verschwendung von Steuergeldern gestellt.
Um einer Verschwendung von Steuergeldern entschiedener entgegenzutreten, sollte auch in Deutschland grundsätzlich eine Beurteilung von politischen Entscheidungen – z.B. Infrastruktur, Umwelt-, Sozialpolitik – und in deren Folge der Einsatz von Geldern der Steuerbürger – bei Überschreitung einer bestimmten Größenordnung – stärker als bisher gutachterlich vorab durch völlig unabhängige Fachleute und Institutionen erfolgen. Moderne Ansätze der Kosten-Nutzen-Analyse liefern eine gute Grundlage für Entscheidungen anhand ihrer Kosten und erwarteten Vorteile. Die den Rechnungen zugrunde liegenden Daten sollten dabei für jedermann transparent, zugänglich und vergleichbar sein.
Wir brauchen zudem unabdingbar und sehr zeitnah auch in Deutschland zur Kontrolle und Evaluierung politischer Maßnahmen insgesamt bessere institutionelle Überwachungssysteme und ein wirksames Compliance-Management, damit Steuergelder nicht verschleudert werden, indem sie z.B. von Lobbyisten befeuert, möglicherweise nur Partikularinteressen und nicht dem Gemeinwohl dienen. Erst auf dieser Grundlage sollten in Deutschland härtere Sanktionen für dann auch eher nachweislich fahrlässige oder absichtlich verschwenderische Ausgaben eingeführt werden. Als denkbar werden z.B. persönliche Haftungsregelungen für Verantwortliche oder sogar strafrechtliche Konsequenzen bei grober Misswirtschaft genannt. Gleichzeitig ist jedoch sicher zu stellen, dass nicht Bürokratiemonster aufgebaut und sinnvolle politische Maßnahmen aus Angst vor Strafen blockiert werden.
RS 12.6.2025