Das liebe Gesicht des gerechten „Guten“ wird zur Fratze des Bösen.

Eine neue gesellschaftliche Spaltung Deutschlands schreitet mit großen Schritten voran. Eine Ursache liegt nicht nur in den immer noch freiheitsbedrohenden diktatorischen Irrlehren, wie sie z.B. von Nationalsozialisten, Kommunisten und auch Islamisten oder sonstigen extremistischen „Wortführern“ totalitärer Ideen (vom rechten und linken Rand) verbreitet werden und die unsere offene Gesellschaft weiterhin bedrohen. Es sind seit einiger Zeit vornehmlich lautstarke, mehrheitlich eher links/grün stehende, sich diktatorisch aufführende Minderheiten und auch kleinste Gruppen, die versuchen, der Mehrheit ihre Meinung nach von ihnen selbst festgelegten Wertmaßstäben ideologisch aufzuoktroyieren. Dabei zeichnet diese zahlenmäßig kleinen Gruppen eine „missionarische Haltung“, moralische Überheblichkeit, Selbstüberschätzung und ein Belehrungswahn aus.

Diese Kleinstgruppen schrecken in ihrem missionarischen Gehabe sogar nicht mehr davor zurück, selbst das in einem kleinen Kreis eher privat gesprochene Wort zum Anlass für einen virtuellen „Shitstorm“ zu nehmen. Diese selbsternannten Kämpfer für Gerechtigkeit wittern selbst bereits bei möglicherweise eher unbedeutenden sprachlichen Abweichungen sofort das Wuchern von Faschismus, Rassismus und Sexismus. In einer häufig anzutreffenden verbalen Enthemmtheit und für sich in Anspruch genommener moralischen Korrektheit steht mitunter sehr schnell das verbale Fallbeil zur „Vernichtung“ von Personen bereit.

Damit wir uns bei meinen weiteren Ausführungen nicht missverstehen:

Eine freie Gesellschaft zeichnet sich insbesondere durch einen guten und respektvollen Umgang mit Minderheiten und einen entschiedenen Kampf gegen Diskriminierung aus. Wir brauchen die Vielfalt und den Austausch unterschiedlicher Meinungen, das macht uns stark. Die Wertigkeit eines Menschen darf auch nicht im Ansatz durch z.B. seine Hautfarbe, Religion, seine sexuelle Orientierung oder seine politische Meinung begründet sein. Rassisten, Rechtsextremisten, Antisemiten, Antiziganisten, Islamfeinde, Sexisten und LGBTQIA+ Feinde sind zu bekämpfen – wie es von einer ehemals großen Volkspartei in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl aufgezählt wird. Sicherlich hat diese altehrwürdige Partei in ihrer Aufzählung den Linksextremismus und den religiösen Fanatismus schlichtweg vergessen. Insgesamt ist zusammenfassend festzuhalten, dass Rassisten und Extremisten, in welcher Ausprägung auch immer, außerhalb unserer demokratischen Ordnung stehen.

Die Sprache ist seit jeher ein sehr erprobtes Mittel, Änderungen im Bewusstsein herbeizuführen, was aber auch Missbrauchspotential bietet. Dies wird beispielsweise sehr eindrucksvoll in George Orwells „1984“ oder im „Wörterbuch des Unmenschen“ beschrieben. Natürlich bedarf es einer größeren Geschlechtergerechtigkeit und gendergerechteren Sprache. Jedoch darf Gendern nicht als ideologische Unbedingtheit, der jegliche Kompromissbereitschaft fehlt, missverstanden werden. Wenn breite Bevölkerungsschichten auf dem Weg zu einer gendergerechteren Gesellschaft mitgenommen werden sollen, darf sich das Gendern nicht zu einer zunehmend symbolischen Exaltiertheit im „Wolkenkuckucksheim“ selbsternannter Eliten entwickeln. Es ist mit Sicherheit viel erfolgversprechender, wenn das Gendern nachhaltig einem behutsamen „natürlichen“ Sprachwandel folgt. Dabei ist den ideologischen Gendersprech- und -schreibstilwandlern zu empfehlen, sich näher mit den Grundlagen der deutschen Sprache zu befassen. Dort wird zwischen dem Sexus (dem biologischen Geschlecht) und dem Genus (dem grammatikalischen Geschlecht) unterschieden. Sobald man ideologische Scheuklappen ablegt, dürfte die Erkenntnis reifen, dass das Genus vielfältige Formen aufweist, deren Differenzierung nicht auf biologischen und geschlechterspezifischen und damit eventuell diskriminierenden Merkmalen beruht.

Es ist zu beobachten, dass Gendern auch in einigen Unternehmen und Rundfunk- und Fernsehanstalten angekommen ist. Nicht selten muss dabei das Gendern eher als eine missglückte PR-Maßnahme wahrgenommen werden. Nicht nur bei einem großen Autokonzern oder einer – staatlich subventionierten – Fluggesellschaft wird eine kontroverse Debatte über die „richtige Ansprache“ geführt.

Natürlich ist es notwendig, über die Darstellung der Geschichte unter Berücksichtigung des Wertewandels in der Gesellschaft im Zeitablauf nachzudenken und sich entsprechend neu zu positionieren. Es sollte dabei jedoch in einer zeitgenössischen Betrachtung der Blickwinkel der jeweiligen Epoche nicht aus den Augen verloren werden.

Das größte gesellschaftlich zu verteidigende Gut ist jedoch die Menschenwürde und die ihr als Grundrecht innewohnende nicht teilbare Freiheit: Die Freiheit zu denken, zu schreiben, zu reden und dafür öffentlich eintreten zu können.

Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Tabuisierung von Debatten widersprechen den Grundwerten und der demokratischen Grundordnung unserer Gesellschaft – wie allgemein denen westlicher Demokratien. Heutige demokratische Gesellschaften basieren auf Rechtsstaatlichkeit und Freiheit; sie zeichnen sich in ihren Grundordnungen durch vielfältige offene und freie Diskussionen und gerade durch das Fehlen von Denk- und Sprachverboten aus.

Wir erleben seit einiger Zeit die Versuche einer Neuauflage eher mittelalterlicher inquisitorischer Disziplinierungen. Diese neue Form der Inquisition ähnelt nicht selten einer Art moderner „Schauprozesse“. Menschen werden in einem „erbarmungslosen“ Fanatismus in psychische Abgründe gestoßen. Menschen werden beleidigt, herabgewürdigt und bedroht. Nur weil die Meinung andersdenkender Menschen das selbstgerechte Weltbild der selbsternannten „guten“ Menschen stört. Aus der Schwarz-Weiß -Sicht dieser selbsternannten gerechten „Guten“ sind Andersdenkende reflexartig grundsätzlich immer die Bösen. Aus der Sicht der selbsternannten „Guten“ gilt es, diesen Andersdenkenden im Sinne eines reglementierenden Obrigkeitsstaats die Freiheit zum Denken und individuellen Handeln zu nehmen. Der Untertan und nicht der freie selbstbestimmte Bürger ist das Ziel dieser Vorgehensweise, so ist zu vermuten. Wer aus Sicht der „Guten“ nicht bereit ist, sich ihrem „woken“ Weltbild und den Wahrheiten dieser radikalen Minderheit zu unterwerfen, wird grundsätzlich öffentlich angeprangert und zum Schweigen gebracht. Es ist dringend notwendig, diesen Aktivisten, politischen Fahnenträgern und selbsternannten Wächtern des „Guten“ öffentlich und entschieden entgegen zu treten. Unter dem Deckmantel der eigenen Befindlichkeit und mit anmaßender Moral, Intoleranz und Alleinvertretungsanspruch geben sie vor für Gerechtigkeit zu kämpfen und nehmen dabei auch rücksichtslos in Kauf, Menschen zu beschädigen.

Wir sollten in unserer Gesellschaft grundsätzlich und uneingeschränkt gegen ein Denken in „Alternativlosigkeit“ und gegen Denk- und Sprachdiktaturen sein. Zensur ist das einzig passende Wort, für all das, was vielfältig insbesondere mit Gendersternchen, Dirigismus und Quotierungen daherkommt. Eine Sprachpolizei, die die Meinungsfreiheit und Diversity (früher Vielfalt genannt) mit Füßen tritt, darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Denk- und Sprachdiktaturen haben – so muss vermutet werden – die Zerstörung der intellektuellen Grundlagen unserer sozial befriedeten Republik zum Ziel, zumindest nehmen sie diese in Kauf.

Wie kann es sein, dass z.B. insbesondere im Namen scheinbarer Gerechtigkeit und Toleranz Richter bedroht werden, die ein aus Sicht der selbsternannten gerechten “Guten“ ein ihnen nicht genehmes Urteil fällen. Wie ist es möglich, dass in einigen Fällen Hochschulen und politisch Verantwortliche nicht uneingeschränkt und öffentlich die Freiheit der Forschung und Lehre verteidigen und sich nicht vor diffamierte Wissenschaftler stellen? Dies gilt unabhängig davon, wo diese Wissenschaftler politisch oder wissenschaftlich einzuordnen sind.

Vielfältig dürfen Wörter nicht mehr benutzt werden, und es darf mit Menschen nicht mehr gesprochen werden, will man sich nicht einer öffentlichen Sanktion aussetzen. Es wird nicht nur gelegentlich der Versuch unternommen, mit einer linkselitären dogmatischen Identitätspolitik Geschichte zu verfälschen und dabei ohne Rücksicht „auf Verluste“ eine Spaltung der Gesellschaft in Kauf genommen. Es ist aus meiner Sicht nicht anständig – und mittlerweile allerdings gängige Praxis – sich Gehör zu verschaffen, indem man sich erst einmal selbst zum Opfer stilisiert. Es ist dabei auffällig, dass diese Menschen – nicht nur in geringer Zahl – sich bereits dann als Opfer sehen, wenn sie auf eine andere Meinung treffen. Hier die „Guten“, zu denen man selbst gehört, dort die für die Gesellschaft „Schlechten“ mit dem hervorstechenden Merkmal einer anderen Meinung. Die Interessen werden umso radikaler vertreten, je kleinteiliger sie sind. „Die Absolutsetzung des eigenen Betroffenseins, die Vorstellung, sich als Opfer zu empfinden und daher im Recht zu sein, ist mörderisch für eine demokratische Gesprächskultur“ (W. Thierse).

Inzwischen werden Menschen allein aufgrund ihres hohen Alters und ihrer Hautfarbe („alter weißer Mann“) diskriminiert. In der Stellenausschreibung einer Berliner Hochschule ist zu lesen: „Wir bitten daher weiße Menschen, von einer Bewerbung für diese Beratungsstelle abzusehen“ Allein Kritik an Corona Maßnahmen reicht vielfach aus, um Menschen grundsätzlich in einen Topf mit Verschwörungstheoretikern zu werfen – und z. B. Schauspielern ein Engagement zu verweigern. Wenn die Bürgermeisterkandidatin einer Partei im Schwärmen über ihre Kindheit sich gerne an den „Indianerhäuptling“ erinnert und sie danach wegen der vorgegebenen konstruierten Unkorrektheit „unreflektierter Kindheitserinnerungen“ zu „Kreuze kriechen“ muss, verschlägt es dem unbeteiligten Betrachter, im wahrsten Sinne des Wortes, die Sprache und macht vielen Menschen zunehmend Angst. Dies umso mehr, wenn zudem der „Indianerhäuptling“ aus dem Parteitagsvideo durch eine Zensur geschnitten wird, die Wahrheit somit „parteigerecht“ bewusst verfälscht wird.

Unternehmen ändern – aus Angst vor der links/grün veröffentlichten Meinung – auch traditionsreiche Markennamen, wenn diese Markennamen von Aktivisten als rassistisch „gebrandmarkt“ werden. Anschauliche und unrühmliche Beispiele sind die Schokoladenmarke „Sarotti“ oder das Anprangern von „Mohren-Apotheken“.

Die Folgen sind bereits spürbar: Immer mehr Menschen sagen ihre Meinung nur noch hinter vorgehaltener Hand – mit der Bitte, sie nicht namentlich zu zitieren. Die Medien – und hier insbesondere die Öffentlich-Rechtlichen – tragen in einem hohen Maße an der vorstehend geschilderten Entwicklung durch eine aufmerksamkeitsheischende Berichterstattung eine Mitverantwortung. Nachrichten werden nicht selten vorab pädagogisch gereinigt und damit wichtige Erkenntnisse unterdrückt. Das ZDF geht z.B. in seiner Berichterstattung sogar so weit, den extrem frauenfeindlichen Taliban eine gendergerechte Sprache zuzuordnen. Die ARD gendert beispielsweise bereits Bären. Im Stil der Jakobiner fordert ein Satiriker, dem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen viel Sendezeit eingeräumt wird, dass Andersdenkende nicht mehr in Fernsehsendungen eingeladen werden sollten. Im konkreten Fall bezeichnete er die Meinungen „andersdenkender“ Virologen als „durchtränkt von Menschenfeindlichkeit“.

Die insbesondere aus einer (grünen) linksintellektuellen Blase vorgetragenen Meinungen werden zudem nicht selten prominent dargestellt. Es wird kaum darauf hingewiesen, dass soziale Kontrollen und obrigkeitsstaatliche Verhaltensweisen und Sanktionierungen vornehmlich aus privilegierten und öffentlich alimentierten begüterteren Gesellschaftsschichten mit in der Regel gesichertem Einkommen stammen. Diese Gesellschaftsschichten finden sich insbesondere in Milieus großer Städte oder Hochschulen (und öffentlicher Verwaltungen) wieder, wo existenzielle Sorgen weitgehend unbekannt sind. Mit ihren Ideen sprechen sie die breite Bevölkerung, die tagtäglich durch Leistung am Markt ihren Lebensunterhalt verdienen muss, nicht an, sie spalten eher die Gesellschaft.

Die sprachlichen Kunstgebilde werden umso stärker abgelehnt, je weiter sie in der realen Lebenswirklichkeit der Menschen ankommen. Wenn auch rechtlich die Meinungsfreiheit auf grundgesetzlicher Basis gesichert ist, muss es uns doch mit großer Sorge erfüllen, wenn in einer Befragung knapp die Hälfte der Bevölkerung der Meinung ist, sich nicht mehr frei äußern zu dürfen. 15 % der Befragten haben sogar wegen Hassreaktionen im Internet ihr dortiges Profil gelöscht.

Die Geschichte lehrt eindeutig, dass es Menschen in offenen Gesellschaften mit einer größtmöglichen Freiheit im Denken, Reden und individuellen Handeln immer am besten gegangen ist. Es gilt zudem die Erkenntnis, und dessen müssen wir uns immer gegenwärtig sein, dass in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft unter anderem nur in einem Wettbewerb der Ideen eine sozial befriedete Gesellschaft geschaffen werden kann. Wir müssen uns wieder aufmachen, unsere freiheitsschaffenden Regeln offensiv zu verteidigen und der Freiheit und kritischen Vernunft Vorrang vor einem Zwangskollektivismus geben. Wir sollten nicht zögern, wieder gemeinsam verstärkt auf den Pfad demokratischer Grundtugenden zurück zu finden und offensiv und beherzt den Empörungsdebatten entgegentreten. Hierzu brauchen wir insbesondere auch wieder vermehrt Politikerinnen und Politiker mit Mut und Weitblick, die eher auf Anreize statt auf Verbote, auf individuelle Freiheit und Freiräume statt auf Bevormundung und Gängelung und auf ein Vertrauen in die Menschen setzen.

Wir brauchen eine Agenda der Revitalisierung der „Offenen Gesellschaft“. Wir müssen eine große Aufbruch- und liberale Fortschrittsgeschichte erzählen, eine Geschichte, die zurück zum in unserer Grundordnung innewohnenden moralischen Kompass und sozial befriedeten und freiheitlichen Ordnung führt. Dabei sollten wir uns bewusst sein, dass gerade in der Summe unserer Unterschiede die Stärke unserer demokratischen Gesellschaft liegt.

Blicken wir zurück auf einen großen Philosophen, der mit seinen Gedanken die westlichen Demokratien in ihrer inhaltlichen Ausprägung nicht unwesentlich mitbestimmt hat.

Karl Popper legte bereits 1945 in seinem großen philosophischen Meisterwerk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ dar, dass es nicht nur die bekannten totalitären Regime sind, die die Freiheit und Rechtsstaatlichkeit bedrohen und denen entschieden entgegen zu treten ist. Es sind auch insbesondere die in einer intellektuellen Überheblichkeit agierenden Menschen und gesellschaftlichen Schichten, die für sich in einem absoluten und rigorosen Denken totalitär in Anspruch nehmen, das wahre gute Wissen zu haben. Aus ihrer Sicht gibt ihnen dieses gute Wissen die uneingeschränkte Berechtigung, sich über jegliche Grundrechte totalitär hinweg zu setzen und grundsätzlich Andersdenkende als böse abzustempeln. Wir müssen uns heute wieder zwischen einer zunehmend totalitären oder grundsätzlich offenen Gesellschaft entscheiden.

Wir sollten in öffentlichen Diskussionen entschieden dazu beitragen, dass sich vermehrt das vermeintlich liebe Gesicht des gerechten „Guten“ zunehmend als Fratze des Bösen entlarvt.

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