Umweltverbände sprechen von einem epochalen Urteil, von einem Ausrufezeichen für den Klimaschutz ist zu lesen.
Nach Auffassung von Fridays for Future sind „Unsere zukünftigen Freiheiten und Rechte … nicht weniger wichtig als die Rechte und Freiheiten der Generation heute“.
Lesen Sie doch einmal, was ich bereits im Februar 2020 geschrieben habe. Das kann für die aktuelle politische Lage als handlungsweisend angesehen werden.
„Die global zunehmende Erderwärmung ist real vorhanden. Dies sollte ein nicht zu leugnendes Faktum sein.
In der Bundesrepublik genießt der Umweltschutz zwar einen hohen Stellenwert und ist als Ziel im Grundgesetz festgeschrieben, eine erfolgreiche und nachhaltige Umweltpolitik war bisher jedoch in Deutschland in einer Gesamtbetrachtung nur schwer erkennbar. Der Hinweis auf eine eventuell im Verhältnis zu anderen Staaten bessere deutsche Umweltpolitik und bereits überdurchschnittlich hohe Energiekosten, muss u. a. gelegentlich auch als Versuch eingeordnet werden, die insgesamt in der Realität aktuell bestehenden Umweltprobleme – und die Notwendigkeit zum Handeln – zu relativieren, wenn nicht sogar von ihnen abzulenken. Dies gilt auch bei näherer Betrachtung für den nicht selten vorgebrachten Hinweis, dass der Anteil Deutschlands an den weltweiten CO2-Emissionen lediglich kaum mehr als zwei Prozent beträgt; andere Staaten – z. B. China mit ca. 28 Prozent und die USA mit ca. 16 Prozent am weltweiten CO2-Ausstoß beteiligt wären. Ein deutscher Alleingang und Vorpreschen werde daher das Weltklima nur schwerlich retten.
Eine Erweiterung und stärkeren Ausrichtung der Sozialen Marktwirtschaft in Richtung einer Sozialen und Ökologischen Marktwirtschaft, sollte dabei nicht leichtfertig als „moralisches Abenteurertum“ bezeichnet werden. Ökonomisches Handeln hat sich ständig auch nach einem veränderten – ökologischen – Wertewandel in der Gesellschaft auszurichten, soll die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft auch für die Zukunft gelten und mehrheitsfähig sein. Eine repräsentative Untersuchung kam im Januar 2020 in einer Vergleichsbetrachtung zu August 2017 zu dem Ergebnis, dass „Umweltschutz, Klima“ in Deutschland die größte Werteveränderung erfahren hat und als zweitwichtigstes der zur Lösung anstehenden Probleme angesehen wird – wenn auch alle anderen Themen in der Summe als nahezu doppelt so wichtig angesehen wurden. Es ist vor diesem Hintergrund ausdrücklich zu begrüßen, wenn sich die internationale Wirtschaftselite in einer großen Mehrheit (in Davos) zu einem nachhaltigen ökologischen Umbau ihrer Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt bekennt. Nach Aussage der Kommissionspräsidentin hätten bereits 44 der größten europäischen Investoren die EU aufgefordert, den Klimaschutz zum Gesetz zu erheben. Es gilt jedoch auch das große Gewicht der anderen Themen wie z. B. Arbeitsplatzsicherung, soziale Sicherheit, Mobilität und Zuwanderung in den Entscheidungen zu berücksichtigen.
Eine immer weiter fortschreitende Umweltzerstörung stellt auch für die Soziale Marktwirtschaft eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar, es wird nicht nur gelegentlich von einer „Jahrhundertaufgabe“ gesprochen. Kein Bürger unseres Gemeinwesens sollte sich heutzutage – auch aus ethischen und humanitären Gründen (ohne effektheischenden Moralismus) – dem Schutz unserer Umwelt und damit dem Schutz der Schöpfung entziehen. Wer sich den Regeln der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet fühlt, sollte auch unabdingbar – aus eigenem Selbstverständnis – eine führende Rolle in der Gestaltung einer Öko-Sozialen Marktwirtschaft und damit beim Schutz unserer Lebensgrundlagen einnehmen. Wichtigstes Ziel einer guten Umweltpolitik sollte es sein, die Umweltbelastung, also die Belastung von Luft, Wasser und Boden zu mindern, wenn nicht sogar zu verhindern. Dabei ist eine Schonung unserer natürlichen Ressourcen anzustreben, die den Bedürfnissen auch der nachfolgenden Generationen Rechnung trägt und damit nachhaltig ist. Der „Preis des Nichthandelns“ ist größer als der „Preis des Handelns“ (Merkel).
Es gilt auch im Umweltschutz die Erkenntnis, dass grundsätzlich ein marktwirtschaftlich gestalteter ökologischer Ordnungsrahmen einen größeren Wirkungsgrad zur Erreichung von Umweltzielen ermöglicht als administrative, staatlich vorgegebene Maßnahmen. Nur eine effiziente und umfassende Umweltpolitik, basierend auf einem marktorientierten Ordnungsrahmen und entsprechenden marktwirtschaftlichen Instrumenten – ansetzend an den Quellen der Umweltverschmutzung –, schafft unter Beachtung des Verursacherprinzips entsprechende finanzielle und sonstige Anreize und Preissignale und führt zu einem notwendigen, überfälligen umweltgerechten Handeln der Bürger. Diese Erkenntnis wird von politisch interessierter Seite gerne als ein Verbeugen vor den Interessen der Industrie und hier speziell der Kohleindustrie diffamiert und führt zu einer ideologisch aufgeheizten Klimadebatte. Eine marktwirtschaftliche Umweltpolitik sollte insbesondere auf Emissionsabgaben, Umweltzertifikate, flexible Auflagen und ein wirkungsvolles Umwelthaftungsrecht setzen.
Eine Umweltpolitik – eingebettet in eine marktwirtschaftliche ökologische Ordnung – zwingt alle unternehmerisch handelnden Menschen zum Beispiel zum sparsamen Umgang mit Rohstoffen, damit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten werden kann. Das eigene Interesse führt zum Umweltschutz. Diese Auffassung steht im grundsätzlichen Gegensatz zu marxistisch-sozialistischen Marktskepsis und Staatsgläubigkeit, die – ausblendend der großen Umweltzerstörungen in ehemaligen und noch verbleibenden sozialistischen Wirtschaftssystemen – in Marktwirtschaften das Streben nach Gewinn („Profit“) als Treiber einer systemimmanenten Zerstörung der Umwelt betrachtet. Selbst in Deutsch[1]land sieht beispielsweise auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in einer marktwirtschaftlichen Lösung der Umweltprobleme lediglich die Wiederholung von Schulbuchweisheiten „zu den Segnungen eines weltweiten Zertifikatehandels“, der nach seiner Auffassung nicht einmal mehr von den Wirtschaftsverbänden geteilt wird.
Zu beachten bleibt, dass eine stark mit Verboten, staatlicher Bevormundung und Strafen arbeitende Umweltpolitik tendenziell eher dazu führen und es als sinnvoll erscheinen lassen kann, technologisches Umweltwissen nicht stärker weiter zu entwickeln.
Zu berücksichtigen bleibt zudem, dass ein ökologisch ausgerichteter Ordnungsrahmen vornehmlich einer präventiven Umwelt- anstelle einer Entsorgungspolitik Rechnung tragen sollte.
Die heute großen klimapolitischen Herausforderungen („Klimakrise“ als Wirtschaftswort des Jahres 2019 und „Klimahysterie“ als „Unwort“ des Jahres 2019) – einhergehend z. B. mit einer globalen Erwärmung der Ozeane und der Erde insgesamt, extremen Wetterveränderungen und der Zerstörung von Ökosystemen – sind vielfach darauf zurückzuführen, dass z. B. Rohstoffe und Energiequellen nahezu ohne oder nur mit einem zu geringen Preis in Anspruch genommen wurden und werden, und die Umwelt in vielen Gesellschaften noch als sogenanntes „freies Gut“ angesehen wird. Es wird erwartet (Weltbank), dass bis 2050 ca. 140 Millionen Menschen aus Klimagründen ihre Heimat verlassen. Für eine ressourcenschonende Nutzung des Gutes Natur ist schon lange ein kosten- und verursachungsgerechter Preis – durch eine einheitliche und systematische Behandlung aller CO2- Emissionen – überfällig, der die Handelnden aus Eigennutz und zudem rein ökonomischen Gründen zu einem sparsamen und nachhaltigen Umgang mit dem Gut Natur zwingt. Ein solche Rahmensetzung hätte schon lange in breiteren Bevölkerungskreisen verstärkt zu der Erkenntnis geführt, dass die Umwelt als knappes Gut – neben Arbeit und Kapital – als dritter kostenverursachender Produktionsfaktor mit einem dafür zu zahlenden Preis getreten ist. So leben wir auf Kosten späterer Generationen, die für unsere „Umweltsünden“ zu zahlen haben werden. Wir haben das Wohl und den Erhalt unseres Ökosystems aus den Augen verloren. Es besteht seit langer Zeit – und auch heute noch in weiten Bevölkerungskreisen – ein Erkenntnisdefizit, dass es auch der Mensch war und ist, der die Natur ausraubt und in erheblichem Umfang Verursacher von z. B. Treibhausgasen ist. Grundsätzlich gibt es jedoch die Erkenntnis, die Bewältigung des Klimawandels als ein Großprojekt der Bevölkerung zu begreifen, wenn auch – nach jüngeren Umfragen – trotz der heftig geführten öffentlichen Umweltdiskussion – die Besorgnis der Bürger über die Erderwärmung zurückgeht.
Mit einem Streit zum Beispiel über Plastiktüten, Flugreisen, Fleischverzicht und dieselgetriebene Fahrzeuge neigen wir eher dazu, unsere politische Korrektheit zu befriedigen und andersdenkende Menschen zu stigmatisieren, als zu guten umweltschonenden Lösungen zu gelangen. Wenn diese Diskussion in der Forderung nach Notstandsgesetzen mündet und mit Verzichtsaufrufen bis hin zur „Klimaaskese“, hohen Subventionen, Verboten, Quoten und Bestrafungen begleitet wird, verlieren wir mit diesen eher symbolischen Handlungen und „Klein-Klein“ die besten praxisbezogenen und auf marktwirtschaftlicher Basis existierenden Lösungsansätze aus den Augen. Eine apokalyptische Prophezeiung über den „stündlich“ bevorstehenden klimabedingten Weltuntergang mit Sätzen wie „Unser Haus brennt noch immer. Eure Untätigkeit heizt die Flammen stündlich an“, einem ultimativ durchzusetzenden Kohleausstieg, einer sofortigen verabsolutierten Energiewende und einem ausgerufenen Klimanotstand stehen die Protagonisten – gewollt oder ungewollt – in engem Zusammenhang mit einer geforderten (aber so von ihnen nicht genannten) Klimadiktatur. Eine „klimaverpackte“ linke Transformation unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems und ein Ende des Wachstums – einhergehend mit einer Einschränkung der Freiheitsrechte – wird angestrebt. Der demokratische Diskurs wird dabei vielfältig durch Verweis auf eine höhere Weisheit und Moral ersetzt, verkennend, dass Hybris und Totalitärismus oftmals die zwei Seiten derselben Medaille sind. Gelegentlich müssen Schulkinder in Talkshows als Zeugen der Wahrheit auftreten. Wen mag es vor diesem Hintergrund verwundern, wenn es in der Frage des Klimaschutzes zu einer Spaltung in unserem Land gekommen ist. Während knapp 50 Prozent der Deutschen den Klimaschutz als vordringliches Thema ansehen, gibt es für gut 50 Prozent der Deutschen wichtigere zu lösende Prob[1]lembereiche – so das Ergebnis einer belastbaren Umfrage. Es steht dabei auch die Frage der Sicherung der längerfristigen Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und des Arbeitsplatzerhalts an vorderer Stelle der zu lösenden Probleme. Maximalforderungen können gestellt werden, müssen aber immer in einem gesellschaftlichen Kompromiss enden. Die vorstehenden Aussagen sollten jedoch auch immer vor dem Hintergrund stehen, dass schnelles Handeln zur Lösung der Umweltproblematik angesagt bleibt.
Im Vorfeld des 2019 beschlossenen „Klimaschutzprogramms 2030“ kam es zu einem Richtungsstreit in der Koalition, der Fortbestand der großen Koalition wurde auch von den Beschlüssen zu den Grundlinien des Klimaschutzes abhängig gemacht. Die SPD wollte insbesondere einen „sozialverträglichen CO2-Preis“, die Union strebte einen „marktbasierten Zertifikatehandel“ an. Die Vorschläge zum Klimaschutz waren auf beiden Seiten vielfältig, wobei jede Seite für sich in Anspruch nahm, die besseren Ideen zum Kampf gegen die Erwärmung unseres Erdballs zu haben, und dabei auch auf Gutachten mit gegenteiligen Aussagen von Ökonomen verwies. Bei näherer Betrachtung waren die Ökonomen in der Regel „Denkfabriken“ zuzuordnen, die im Voraus auf die jeweilige ordnungspolitische Einordnung ihrer Ergebnisse schließen ließ. Bei aller Vorsicht vor generalisierenden Aussagen und einer gebotenen Zurückhaltung – will man nicht in die streitende kontroverse Diskussion geraten – soll doch die Tendenzaussage gewagt werden, dass eine CO2-Steuer einfach und schnell in der Realisierung ist; ihr wird jedoch gemeinhin eher eine geringere Treffsicherheit als dem Zertifikatehandel zugeschrieben. Der Zertifikatehandel – also der Handel mit Verschmutzungsrechten, aufbauend auf grundlegenden Überlegungen des Nobelpreisträgers Ronald Coase –, wird nicht nur gelegentlich als das „klügste“ Konzept zu einem sowohl effektiven als auch effizienten Umgang mit Ressourcen angesehen. Experten führen den CO2-Rückgang in 2019 um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr und insgesamt um über 35 Prozent bezogen auf den Wert von 1990, auf den generell erfolgreichen Einsatz der Zertifikate für den Kohlendioxidausstoß zurück. Der Zertifikatehandel und damit der Markt haben nach Ansicht dieser Experten eindrucksvoll ihre Lenkungsfunktion bewiesen. Mit den beschlossenen Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzziels hat die Bundesrepublik unbestreitbar einen systematischen Schritt in die richtige Richtung zu einer grundlegenden Bewältigung der Umweltprobleme getan. Dem Wunsch der Kanzlerin in der Klimapolitik dürfe es „kein Pillepalle“ mehr geben und es müsse zu „disruptiven Veränderungen“ kommen, wurde erkennbar Rechnung getragen – die Politik hätte jedoch mutiger ausfallen können und müssen. Beim Klimaschutzprogramm 2030 steht die Einführung einer umfassenden CO2-Bepreisung für den Verkehr und teilweise den Wärmebereich (Gebäude) an vorderster Stelle der Maßnahmen und soll grundsätzlich als ein „intelligentes Instrument“ zur Steuerungswirkung auf dem Markt – durch für alle gleiche Preise – unter Beachtung ordnungspolitischer Regeln beitragen. Dem Prinzip der „Internalisierung externer Kosten“ wird durch diese liberale „Ordnungstaxe“ Rechnung getragen. Mit einfachen Worten: Wer zur Umweltbelastung beiträgt, der bezahlt für diese Belastung; die Bevölkerung wird zur Senkung des Energieverbrauchs und insgesamt zur Dekarbonisierung angeregt.
Wenn auch die erwartete Größenordnung der Belastungen für die Bürger und die Wirtschaft sich noch in der Diskussion befindet, kann doch jetzt schon festgehalten werden, dass es zu großen ökonomischen und sogar politischen Veränderungen kommen wird. Es ist zu lesen, dass es zu einem „Raus aus der Komfortzone“ kommt. Eine „Transformation von gigantischem Ausmaß“ steht an, so die Bundeskanzlerin. Nach der oben zitierten Umfrage ist die Mehrheit der Bürger überzeugt, dass eine effektive Bekämpfung des Klimawandels zu persönlichen Einschränkungen und Belastungen durch z. B. höhere Energiekosten führen wird. Wir sollten jedoch die Herausforderungen nicht nur als Problem sondern auch als Chance zum Entwickeln neuer und zukunftsfähiger Geschäftsmodelle begreifen, um damit auch in einem veränderten gesellschaftlichen Wertesystem besser bestehen zu können. Durch den Klimawandel droht eine „fundamentale Umgestaltung in der Finanzwelt“, so sieht es zumindest Larry Fink.
Für die gesellschaftliche Akzeptanz der Klimapolitik bedeutsam ist, dass die über einen CO2-Preis erzielten Einnahmen auch zur Abfederung sozialer Härten eingesetzt werden sollen. In diesem Zusammenhang wurden entsprechende Entlastungen für Bürger und die Wirtschaft vorgenommen und durch sogenannte „soziale Haltelinien“ verstärkt. So sollen beispielhaft ab 2026 Angebot und Nachfrage den CO2-Preis pro Tonne bestimmen, aber zunächst mit einer Obergrenze in einem Korridor von 55 bis 65 Euro je Tonne.
Kritisch ist anzumerken, dass diese Haltelinien in der jetzigen Form und einer vorzugebenden Höhe nur dann Bestand haben sollten, wenn sie dazu beitragen, dass die Bürger durch das Umweltschutzpaket in ihrer Gesamtheit eher entlastet als belastet werden. Dieser Grundsatz sollte in dem schon jetzt bestehenden „Hochsteuerland“ Deutschland als Maxime für alle umweltpolitischen Entscheidungen – und nicht nur dort gelten. Die notwendigen Maßnahmen gegen den Klimawandel sollten zudem insbesondere mit den Interessen der Arbeitnehmer und Unternehmen in Einklang gebracht werden.
Weiterhin ist grundsätzlich kritisch anzumerken – so die Ergebnisse der zuvor zitierten Umfrage –, dass es bisher dem Bürger nur schwer erschließbar ist, was tatsächlich beschlossen wurde und welche Auswirkungen es für ihn persönlich haben wird. Die zuvor heftig geführten Diskussionen über unterschiedliche Bepreisungsmodelle der Umweltbelastung haben nicht bessere Grundlagen zur Beurteilung der nunmehr beschlossenen Maßnahmen geschaffen und vielfach nur die Sorge erhöht (irgendwie) betroffen zu sein. Es gilt auch als Anforderung an die Politik, durch eine offensive Informationspolitik für den Bürger das Wissen um die Beschlüsse und ihre Wirkungen und Zusammenhänge zu erweitern. Diese Wissensoffensive sollte um die Vermittlung der Kenntnis der natürlichen Existenzbedingungen oder Lebenszusammenhänge, schlichtweg die Vertiefung des ökologischen Wissens, ergänzt werden. Beispielhaft sei auf einige Beschlüsse im Verkehrsbereich kritisch hingewiesen, die vielfach eher Symbolhandlungen sind und bei näherer Betrachtung auch in vielen Fällen einen „Missbrauch“ der Umweltpolitik zur Rettung eines nicht leistungsfähigen und hochverschuldeten Staatskonzerns erkennen lassen, wie es im Mobilitätskapitel noch genauer ausgeführt wird. Zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene gilt es insbesondere das Grundproblem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der DB AG zu lösen, damit auch die über das Umweltpaket zugeflossenen zig Milliarden Euro zu einer großen und nachhaltigen Verkehrsverlagerung auf die Schiene führen.
So ist zum Beispiel des Weiteren eine gleiche Behandlung der DB AG und ihrer Wettbewerber – z. B. gleiche Mehrwertsteuer-Absenkung im Personenfernverkehr – unabdingbar, damit ein wesentlich größerer Beitrag zur notwendigen Mobilitätswende geleistet werden kann. Eine einseitige Absenkung der Mehrwertsteuer bei Reisen im Bahnfernreiseverkehr benachteiligt das klimafreundlichere Angebot im Fernbusverkehr. Es wird die Chance vergeben, auch hier weitere große Möglichkeiten einer klimafreundlicheren Mobilität zu schaffen.
Nach den Erkenntnissen einer Untersuchung, ist ein großer Teil der angestrebten CO2-Reduktion im Verkehr nur mittels neuer innovativer, auch synthetischer Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren erreichbar. Es fehlt bei einer weitgehenden Festlegung auf Elektromobilität an einer technologieoffenen Diskussion, dies zum Beispiel auch vor dem Hintergrund, dass noch ein großer weiterer Forschungsbedarf – hinsichtlich des Beitrags für eine CO2-neutrale Zukunft – für die Potentiale von Verbrennungsmotoren aber auch z. B. von Antrieben auf Basis von Brennstoffzellen besteht. Es ist die Sorge nicht von der Hand zu weisen, dass unsere Automobilwirtschaft, getrieben von unserer und der EU Politik, eine milliardenschwere Wette auf die Zukunft eingegangen ist und eingehen wird. Dies nicht nur vor dem Hintergrund, dass bereits heute schon ein großer Mangel an (guten) Batteriezellen und die Fähigkeit damit umzugehen, zu großen Produktionsverzögerungen und auch Produktionskürzungen und Kurzarbeit führen. Der korrekten Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass insbesondere in Kaiserslautern und Wolfsburg eine größere Batteriezellenproduktion geplant ist. Nicht nur wenige Experten vertreten zudem darüber hinaus die Auffassung, dass viele Probleme der notwendigen Energiewende gelöst werden könnten, wenn die Bundesrepublik einen mutigeren Schritt in eine „Wasserstoff-Ökonomie“ wagt und dabei behilflich ist, strukturelle Hindernisse schneller zu beseitigen. Wasserstoff soll als „grüner Energieträger“ insbesondere die energieintensive Produktion in der Stahl-, der Zement- und in der chemischen Industrie klimaneutral machen. Der Wirtschaftsminister bezeichnet den Wasserstoff als Zukunftstechnologie (auch) im Verkehr und hat eine „Nationale Wasserstoffstrategie“ entwickeln lassen. Die Strategie vermittelt den Eindruck, dass Wasserstoff als „Basis für synthetische Kraft- und Brennstoffe“ grundlegend wichtige Beiträge zur CO2-Reduktion leisten wird.
Ein festes Datum für das Ende des Verbrennungsmotors auszurufen – wie es zusätzlich von einem führenden Vertreter der Grünen gefordert wird – zementiert zudem die nichtoffene technologische Diskussion und lenkt in der Diskussion von der Gestaltung einer zukunftsträchtigen Verkehrspolitik ab. Es wird der Eindruck vermittelt, allwissend bereits heute umfassend das Entwicklungspotential – im Hinblick auf wesentlich engere ökologische Anforderungen – des Verbrennungsmotors zu kennen.
Gelegentlich wird bemängelt, dass es grundsätzlich z. B an einer besonderen Hinwendung und einer noch stärkeren Förderung fehlt, die dazu führen würde, dass klimaneutrale Prozesse, Technologien und Anwendungen in dem Sinne erheblicher begünstigt werden und dass zu setzende Innovationsanreize noch stärker zu Innovationen im Umweltbereich führen.
Deutschland will als einziges Land auf der Welt aus der Verstromung der Kohle und der Energiegewinnung durch Kernenergie aussteigen und diese durch erneuerbare (regenerative) Energien ersetzen. Den „Kohleausstieg“ lässt sich der Staat ca. 50 Milliarden kosten, dabei allein 40 Milliarden Euro für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen. Es wird nicht nur gelegentlich – z. B. von einem Teil der Mitglieder der Kohlekommission – die Auffassung vertreten, dass die Bundesregierung Wortbruch begangen habe und die aufzubringende Summe zudem in keinem guten Verhältnis zum dadurch erreichbaren Klimaschutz steht. Klimaschützer kritisieren den Kompromiss u. a. nicht nur wegen der hohen Kosten, sie sprechen hier von Geldverschwendung. Nach ihrer Auffassung kämen die Entscheidungen zu spät und führten sogar zu einem Anstieg der CO2-Emissionen, die Beschlüsse seien schlichtweg „Irrsinn“ und ein Skandal; sie fordern Nachbesserungen im Gesetzgebungsverfahren für den Kohleausstieg.
Eine Frage nach der politisch umstrittenen aber klimaneutralen Kernergenie als weiterem Beitrag zum Klimaschutz wird sich spätestens dann stellen – sofern wir an einem Ausstieg aus einer Verstromung der Kohle tatsächlich festhalten –, wenn wir z. B. feststellen müssen, dass die bis 2030 von der jetzigen Regierung angestrebten Klimaziele nicht erreicht werden können, die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet ist und eine bis 2050 gewünschte treibhausgasneutrale Europäische Union nicht möglich sein wird. Wir sind in diesem Fall nahezu „gezwungen“ auf eine ausländische Stromversorgung durch Kernenergie auszuweichen.
Technologisch wird heute von einer Mehrheit der Fachleute eine sichere Atomkraft als „absolut“ gegeben angesehen. Die Kernenergie sollte daher als Bestandteil eines zukünftigen Klimagesamtkonzepts nicht vernachlässigt werden, „weil nur sie grundlastfähig, billig und CO2 frei ist“ (Wolfgang Reitzle). Es sei beispielhaft auf andere Länder hingewiesen, die durch die Kernenergie ihren CO2-Ausstoß senken und auch neue Atomkraftwerke planen – in erster Linie China, aber selbst Japan und natürlich auch Russland, begründen eine weltweite Renaissance der Nuklearindustrie. Glaubt man den Ausführungen eines renommierten Wissenschaftlers (Steven Pinker, Harvard), ist die deutsche Atomangst schlichtweg nur eine irrationale Panikmache und z. B. die Lösung der Endlagerfrage lediglich ein politisch zu lösendes Problem. Dies auch vor dem Hintergrund, dass zukünftige Reaktorgenerationen eine Wiederverwertung großer Teile des Atommülls ermöglichen sollen. Es wird zudem in Großbritannien angestrebt, dass vorproduzierte billigere und modulare Mini-Reaktoren noch in diesem Jahrzehnt ans Netz gehen. Große Hoffnungen auf eine „sichere“ Energielieferung ohne Klimaemissionen werden auch in die Entwicklung marktfähiger Fusionsreaktoren gesetzt.
Die Deutschen lehnen nach einer Umfrage mehrheitlich (ca. 40 Prozent) die Verlängerung von Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke ab, ca. 35 Prozent stimmen einer Verlängerung der Laufzeiten zu. Bemerkenswert sind die Ergebnisse nach Parteienpräferenz, die über Linke, SPD und Grüne (in dieser Reihenfolge) ab knapp 30 Prozent, eine zur Verlängerung der Laufzeiten abnehmende Zustimmung ausweisen.
In dem Klimaschutzpaket ist abschließend ausdrücklich die beabsichtigte Einbettung der deutschen Klimapolitik in einen „europaweiten übergreifenden Emissionshandel“ für alle Sektoren zu begrüßen. „Zudem sind Verhandlungen auf internationaler Ebene notwendig, um einen weltweit einheitlichen Preis für Treibhausemissionen umzusetzen“ (Sachverständigenrat 2019/20).
Um eine Überhitzung der Erde abzuwenden, will die EU ab 2050 CO2-neutral sein („Green Deal“). Europa wäre damit nach jetzigem Stand der erste klimaneutrale Kontinent. Grüne Investitionen sollen mit einer Billion Euro angestoßen werden. Woher diese großen notwendigen Mittel kommen sollen – die EU rechnet mit diesen enormen Summen, ohne die Mittel zur Verfügung zu haben – bleibt bisher insgesamt unklar. Mit Sorge müssen dabei Überlegungen betrachtet werden, die EZB unterstützend heran zu ziehen und dabei die ungebremste Politisierung der EZB (siehe hierzu das Kapitel zur Geldpolitik) fortzusetzen. Die Sorge ist umso größer zu bewerten, als die EZB Präsidentin in einer expansiven Geldpolitik zur Rettung des Weltklimas keine Verletzung der Europäischen Verträge sieht.
Sofern EU-Handelspartner überzeugt werden sollen, gleichermaßen umweltfreundlich zu produzieren, ist dieser Weg ausdrücklich zu begrüßen. Wenn jedoch Handelspartnern mit einer CO2- Grenzabgabe (Zoll) gedroht wird und sie zu einer umweltfreundlichen Produktion entsprechend den Vorstellungen der EU gezwungen werden sollen – wie Äußerungen der EU Kommissionspräsidentin zu lesen sind –, braucht man auf die Reaktion der Handelspartner und ihre Drohung ebenfalls Sonderzölle zu erheben, nicht zu warten“.