Fortsetzung einer irregeleiteten Verkehrspolitik – Unheilige Allianz gegen das Allgemeinwohl und die Umwelt

Die Tagung des Bundeskanzlers und der Länderministerpräsidenten/innen Anfang November 2023 hatte unter anderem die vermeintlich mangelnde Finanzausstattung des ÖPNV zum Thema. Es wurde durch eine unheilige Allianz gegen das Allgemeinwohl und die Umwelt die Fortsetzung einer irregeleiteten Verkehrspolitik beschlossen.

Gerade das Beispiel des ÖPNV zeigt, dass eine Besitzstandswahrung der öffentlichen Anbieter und die Eigeninteressen der politischen Akteure nicht nur zu einer erheblichen Mittelverschwendung beitragen, sondern auch die ökologisch gebotene Verkehrswende letztlich massiv behindern.

Vorab zur Einordnung

Nach der aktuellen Langfristprognose des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) wird der Verkehr überall in Deutschland zunehmen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass das Auto das mit großem Abstand beliebteste Fortbewegungsmittel bleiben wird. Der Autoverkehr ist ein sehr großer Verschmutzer der Umwelt. Eine umweltfreundliche Verkehrspolitik muss daher u.a. entsprechend zum Ziel haben, dass viele Menschen dauerhaft vom Auto auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie z.B. Bus und Bahn im öffentlichen Nahverkehr umsteigen. Nahezu regelmäßig gibt es jedoch deutliche Kritik an einem unzureichenden Klimaschutz im Verkehr, so auch jüngst einmal mehr durch den Bundesrechnungshof. Es wird unter anderem bemängelt, dass der Verkehrsminister keine wirksamen Maßnahmen vorlegt, die die Emissionen im Verkehrssektor nachhaltig senken. Der Bundesrechnungshof fordert, das Bundesverkehrsministerium solle „unverzüglich die Klimaschutzmaßnahmen im Sektor Verkehr aktiv steuern“, da „ohne eine zielgerichtete Maßnahmenauswahl und Steuerung im Verkehrssektor“ die vorgegebenen Klimaziele im Verkehrsbereich nicht erreicht werden.

Allgemein ist vorab zu konstatieren: In Deutschland werden von den auf unterschiedlichen Ebenen handelnden Trägern der Verkehrspolitik sich widersprechende Ziele, Ansichten und Wertungen vertreten, so dass insgesamt nicht von einem verkehrspolitischen Konsens gesprochen werden kann. Die deutsche Verkehrspolitik ist nicht widerspruchs- und konfliktfrei und steht insbesondere in einem Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Umwelt und des Klimas einerseits und der Sicherung der Mobilität andererseits.  Den Trägern der Verkehrspolitik fehlt in der Regel nicht nur im Hinblick auf die notwendige Mobilitätswende die Fähigkeit und auch nicht selten der Wille, das als richtig Erkannte in der Praxis umzusetzen. Es wird dabei jedoch immer wieder beklagt, dass in der Verkehrspolitik wie kaum in einem anderen Bereich der Politik, der größte Bruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht.

Die allgemeine Ausgangssituation

In einer Sozialen Marktwirtschaft sollte es insbesondere Aufgabe des Staates sein, für die Wirtschaft verlässliche und transparente Rahmenbedingungen zu schaffen, die vordringlich Anpassungen an Strukturveränderungen erleichtern, Innovationen und Leistungen fördern sowie Investitionen begünstigen. Nur vornehmlich im Wettbewerb mit vom Staat verbindlich vorgegebenen, kontrollierten und gesicherten Wettbewerbsregeln lassen sich die innovativen Kräfte der Wirtschaft, Flexibilität und Risikobereitschaft voll ausschöpfen. Sofern kein Wettbewerbsversagen zu konstatieren ist, sind regulierte Märkte ineffizient. Sie führen regelmäßig zu Belastungen der öffentlichen Haushalte und/oder direkt der Bürger. Sowohl das Eingreifen des Staates in Form einer Bestimmung von Produktion und Absatz, allgemeinen Regulierungen als auch ein Protektionismus, der nicht selten eher versteckt auftritt, gehen allgemein mit Effizienz- und Wachstumsverlusten einher. Dies gilt in besonderem Maße für den Verkehrssektor, wo ein für die Produzenten von Verkehrsleistungen schützender Protektionismus von diesen immer wieder unisono als z.B. „starkes Signal“ u.a. für die Umwelt und für Qualität und Preise sowie die Sicherheit gepriesen wird. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich diese Heilsversprechen jedoch im besonderen Maße lediglich als Instrumente die dazu dienen sollen, eigene Besitzstände zu wahren, sich selbst vor Wettbewerb zu schützen und das eigene Einkommen zum Nachteil der Bürger als Kunden und Verbraucher zu sichern. Allgemein formuliert: Der Protektionismus bedient sich, wie in seiner Geschichte insgesamt festzustellen, immer wiederkehrender Schutzargumente.

Die verkehrliche Ausgangssituation bis zur Öffnung der Verkehrsmärkte durch die EU

Die deutsche Verkehrspolitik ist leider ein Paradebeispiel für die zuvor dargestellten politischen Missgriffe. Eine hohe staatliche Regulierung der Verkehrsmärkte – teilweise sogar zurückgehend bis auf die Notverordnungen des Reichspräsidenten aus den Jahren 1931 und 1932 –   hat sich über Jahrzehnte als ausgesprochen resistent gegenüber jeglichen Veränderungen der Nachfrage und damit der Kundenbedürfnisse erwiesen. Wie in Stein gemeißelt haben sich z.B. staatliche Preisvorschriften und Kapazitätsbeschränkungen ungeachtet des Strukturwandels im Verkehr im großen Umfang bis in die 1990er Jahre erhalten. Die wettbewerbsbeschränkenden staatlichen Interventionen wurden insbesondere von den Vertretern der Betriebe – damit der Anbieter/Produzentenseite – mit immer neuen Argumenten befeuert. Grundsätzlich wurde dabei offensichtlich, dass die Verkehrsbetriebe das eigene betriebliche Interesse als uneigen- und zugleich gemeinnützig darstellen und für die Bevölkerung insgesamt von Vorteil und unabdingbar erklären. Es kam wie es kommen musste: Insbesondere seit Mitte der 1960er Jahre hat sich der Verkehr zum einen für die Bürger und öffentlichen Haushalte durch einen ständig wachsenden kostspieligen Ressourcenverbrauch als auch im Bereich der Umweltbelastungen zu einer bis über die Grenze des Erträglichen angestiegenen Belastung entwickelt. Zum anderen wurde er insgesamt zu einem wettbewerbspolitischen Ausnahmebereich, Störfaktor und Hemmnis in der prosperierenden Wirtschaft.

Die EU hat sich bereits frühzeitig mit dem Umweltbezug des Verkehrs beschäftigt und z.B. 2007 im Greening Transport Package grundlegende Empfehlungen zu einer umweltgerechteren Gestaltung des Verkehrs gegeben. Die EU hat im Jahr 2011 das Weißbuch “Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem” veröffentlicht, in dem eine erhebliche Senkung der Emissionen im Verkehrssektor empfohlen wird.

Verschwörung gegen das Allgemeinwohl

Der Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie die im Ministerium tätigen politischen Staatssekretäre entwickeln als Entscheidungsträger die Grundlagen der Verkehrspolitik des Bundes. Die Länder wirken über den Bundesrat an verkehrspolitischen Entscheidungen wie z.B. Gesetzen und Rechtsverordnungen mit. In eigener Verantwortung sind die Länder für die Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) zuständig. In den Ländern wurden die Aufgaben für den öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖPNV) und den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), differenziert nach SPNV und ÖPNV, unterschiedlichen Behörden und Organisationen übertragen.  Die Gemeinden und Landkreise (im Ursprung auch vielfältig zusammen mit Verkehrsunternehmen) haben sich mit dem Ziel einer gemeinsamen attraktiveren regionalen Gestaltung des ÖPNV in der Regel z.B. zu Verkehrs- und Tarifverbünden zusammengeschlossen. Die Zuständigkeit für den SPNV liegt je nach Bundesland in unterschiedlichen Händen und wurde z. B. landeseigenen Gesellschaften übertragen.

Als Einflussträger (gelegentlich auch Willensträger genannt) werden auch in der Verkehrspolitik hingegen Personen oder Institutionen bezeichnet, die aufgrund einer fehlenden formalen Entscheidungskompetenz, jedoch aufgrund faktischer gesellschaftlicher Machtverhältnisse, in der Lage sind, in der Verkehrspolitik (mit) gestalterisch durch Einflussnahme tätig zu werden. Dies ist z.B. insbesondere bei Interessenverbänden (Lobbyorganisationen) und Parteien der Fall.

Es hat sich bis heute im Öffentlichen Nahverkehr eine politisch sehr stabile und durchsetzungsfähige kartellartige Koalition zwischen Entscheidungsträgern und Einflussträgern der Verkehrspolitik gebildet. Die Verkehrspolitik aller Bundesregierungen war und ist weiterhin bis heute im Bereich des Öffentlichen Nahverkehrs weitestgehend einseitig von den Produzenteninteressen der insbesondere in der kommunalen öffentlichen Hand sich befindenden öffentlichen Verkehrsbetriebe und deren Verkehrsverbünde sowie der im Besitz des Bundes sich befindenden DB AG geprägt. Hierzu ist auch der Einfluss der Gewerkschaften wie Verdi und der Eisenbahnergewerkschaften sowie der nicht selten auch auf Aufträge aus den öffentlichen Verkehrsbetrieben angewiesenen Fachpresse zu rechnen. Eine umweltentlastende Mobilitätspolitik, die zudem mit der Verschwendung öffentlicher Mittel und knapper Produktionsfaktoren im ÖPNV Schluss macht, stößt auf den harten, jegliche Veränderung ausschließenden besitzstandwahrenden Widerstand der Vertreter der Öffentlichen Dienstleister im ÖPNV; hier konkret des Verbandes der Öffentlichen Verkehrsbetriebe VDV.

Den politischen Entscheidungsträgern in der Verkehrspolitik sowie den politischen Entscheidungsträgern in den Gremien der DB AG und den Öffentlichen Verkehrsbetrieben ist es mit dem faktisch mächtigen und finanziell gut ausgestatteten (und im Lobbyregister eingetragenen) Lobbyverband VDV – über alle Parteigrenzen hinaus – gelungen nicht nur die jahrhundertalte staatliche Regulierung des Öffentlichen Nahverkehrsmarktes weitestgehend zu konservieren, sondern diese auch ständig weiter auszubauen und gegen die Kräfte des Marktes und einer damit einhergehenden notwendigen Verkehrswende abzusichern. Den Verkehrsbetrieben der Öffentlichen Hand geht es in erster Linie darum, die eigenen Privilegien über die Zeit zu retten und den vielfach staatlich garantierten Schutz vor potentiellen Wettbewerbern durch staatliche Marktzugangsschranken zu erhalten. Man muss gar nicht so genau hinsehen um zu erkennen, dass es den Politikern vielfach nur darum geht, ihre Tätigkeit in den öffentlichen Unternehmen zur Befriedung ihrer Wählerklientel und zum Werben um Wählerstimmen zu nutzen. Nach der Capture-Theorie (regulatory capture) kann eine Vereinnahmung des Selbstinteresses von politischen Entscheidungsträgern (z.B. Regulierern) durch zum Beispiel Lobbyisten – damit z.B. den eigenen finanziellen Wünschen gegenüber dem Allgemeinwohl ein Vorrang gegeben wird -, möglichweise zur politischen Korruption, zu einem Staatsversagen und damit zu einer insgesamt verminderten volkswirtschaftlichen Wertschöpfung führen (siehe insbesondere die Erkenntnisse des Nobelpreisträgers George Stigler). Eine staatliche Branchenregulierung mit einer „Verkehrsmarktordnung“ und einem staatlichen Ordnungsrahmen beschert zudem immer auch zusätzliche Aufgaben für öffentlich Bedienstete einhergehend mit einem Zuwachs an Planstellen und Macht – die Verkehrsverbünde sind hierzu ein beredtes Beispiel. Wer will schon gerne diesen Einfluss wieder aufgeben. Vor dem vorstehenden Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass sich niemand aus dem Bereich der politischen Entscheider und der Einflussträger aus dem Bereich des VDV findet, der den von ihnen hochgepriesenen, letztlich aber milliardenschweren (auch aus ordnungspolitischer Perspektive verfehlten) Flop 49 Euro Ticket als eine Verschwendung öffentlicher Gelder brandmarkt. Dieses Angebot überwindet weder die auf der Ebene der Länder und Verkehrsverbünde bestehende Tariffragmentierung, noch hat es im Hinblick auf die notwendige Mobilitätswende einen nennenswerten Erfolg. Wenn man merkt, dass man mit den eigens geschaffenen, gepuschten und bejubelnden Begriffen wie “Revolution“, „Klimaticket und Umweltticket“ auf dem Holzweg ist und Fake News verbreitet, ändert man einfach die Strategie. In der Hoffnung auf Empörungsreflexe gibt man sich nunmehr als Schutzpatron der zweiten Zielsetzung des Tickets, der finanziellen Entlastung der Bürger aus.

Es ist auffällig – aber auch nicht anders zu erwarten -, dass niemand aus dem Bereich der Besitzstandswahrer ein Ende der seit vielen Jahren explodierenden Subventionen für die weiterhin im Bundesbesitz sich befindende DB AG fordert. Die DB AG belegt, dass der Staat über keine unternehmerischen Fähigkeiten verfügt, höhere Subventionen nicht zu besseren Ergebnissen und zur Stärkung der notwendigen Mobilitätswende führen und Produktivkräfte vergeudet werden. Es besteht seit vielen Jahren ein großes Haushaltsrisiko zu Lasten der Steuerbürger. Die beschriebene und weiterhin bestehende „unheilige Allianz“ kann nichts anderes als eine „Verschwörung gegen das Allgemeinwohl“ (Walter Hamm) bezeichnet werden. Man will wie immer in einem jahrzehntelang erprobten Ritual mehr Geld und droht mit einer vorgeblich alternativlosen Einstellung öffentlicher Verkehre und von Angeboten. Diese unheilige Allianz verschweigt dabei geflissentlich: Unter sehr vielen verschiedenen Fördertatbeständen, Töpfen und Finanzierungsregelungen hat sich im ÖPNV ein System der „Spaghetti Finanzierung“ entwickelt. Die Vielzahl der Instrumente und der einzelnen gesetzlichen Regelungen sind schwer verständlich und weitestgehend intransparent. Das Finanzierungssystem ist ein Wirrwarr und Knäul. Es ist nahezu ausschließlich am Interesse der Anbieter von Verkehrsleistungen orientiert und damit weitestgehend ohne Nutzer- und Kundenorientierung. Wieviel der ÖPNV den Bundesbürger tatsächlich kostet, kann wirklich selbst bei gutem Willen niemand genau sagen. Wenn der VDV und die Vertreter der Bundesländer eine Verstetigung der Förderung als verlässliche Politik fordern und dafür streiten, meinen sie nichts anderes als die Fortsetzung dieses für jeden Dritten nicht nachvollziehbaren und damit nicht kontrollierbaren Subventionsmolochs.

Schlussfolgerungen

Insgesamt ist festzuhalten: Wettbewerbliche Ausnahmebereiche zum Schutz von Produzenten – hier den Anbietern von Verkehrsleistungen in der öffentlichen Hand – machen diese träge. Es besteht nicht wie im Wettbewerb der Zwang sich kontinuierlich an veränderte Wünsche der Nachfrager anzupassen und mögliche Fehlentscheidungen schnellstmöglich zu korrigieren. Der Markt sanktioniert nicht wie im Wettbewerb die betrieblichen Fehlentscheidungen, der Eigentümer Öffentliche Hand erhöht entsprechend nur die Subventionsspirale zum Ausgleich des unternehmerischen Fehlverhaltens. Dieses Verhalten der Eigentümer ist unter anderem mit für die nicht erreichten ökologischen Ziele der Mobilitätswende verantwortlich.

  • Grundlegend und bei aller bekannten Problematik: Die externen Umweltkosten des Verkehrs sind – will man tatsächlich die Verkehrswende – nicht mehr länger auf die Allgemeinheit abzuwälzen, sondern in einem ersten Schritt den sie verursachenden Verkehrsträgern anzulasten.
  • Die Politik hat sich auf die Setzung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen zu beschränken. Das Verhalten und die Entscheidungen politischer Akteure in den kommunalen ÖPNV-Betrieben und der DB AG tragen vielfältig nicht zu einer zielgerichteten Mobilitätswende bei.
  • Nicht nur für eine durchgreifende „Mobilitätswende“ ist es unabdingbar erforderlich das aufgezeigte „öffentliche Kartell“ der Verhinderer eine Mobilitätswende aufzubrechen und wie nahezu in allen sonstigen Bereichen des Verkehrs, auf die leistungssteigernden und innovationsfördernden Kräfte des unternehmerischen (!) Wettbewerbs zu setzen. Dies führt zu einem geringeren finanziellen Aufwand und in der Folge zu mehr Spielraum einen preisgünstigeren ÖPNV und damit auch Ticketgestaltung zu ermöglichen. Selbst bei einer freundlichen Betrachtung gibt es keinen Rechtfertigungsgrund, die Verkehrsbetriebe der Öffentlichen Hand und die DB AG im innovativen und produktiven Wettbewerb den privaten Unternehmen nicht gleichzustellen. Mit anderen Worten: Der innovationschädigende Verhinderer einer Mobilitätswende, der „wettbewerbliche Ausnahmebereich“ für die im ÖPNV tätigen Betriebe der Öffentlichen Hand und der DB AG, gehört nach hundert Jahren auf „die Müllkippe“ der deutschen Verkehrspolitik. Der längst überfällige Verkauf der hochverschuldeten Auslandsbahntochter ARRIVA mag dabei als ein Schritt in die richtige Richtung gewertet werden.
  • Nicht mehr dem ÖPNV-Betrieb und der DB AG als Produzent, sondern ausschließlich dem ÖPNV Kunden als Nachfrager/Nutzer, sind – gestaffelt z.B. nach dem Einkommen – Mobilitätsbudgets zur Finanzierung ihrer Mobilitätswünsche zur Verfügung zu stellen.  Der öffentliche Verkehrsbetrieb hat nur so einen Anreiz , das Angebot bestmöglich an die Anforderungen der Kunden anzupassen. Der unübersichtliche intransparente Dschungel der Finanzierung des ÖPNV ist mit einem Schlag gelichtet, weitestgehend auf einen einzigen Geldfluss zusammengeschrumpft und transparent.
  • Im Jahr 2023 bedarf es für eine durchgreifende „Mobilitätswende“ im ÖPNV keiner bundesweiten Flatrate. Im Ausland hinreichend erprobte und erfolgreich eingesetzte Smartphone-Apps sichern auch jedem tarifunkundigen ÖPNV-Nutzer mit einer Best – Price-Funktion immer den günstigsten Preis.  Über die App lassen sich zudem die komplizierten Fragen einer Erlöszuscheidung auf die befördernden Unternehmen praxisnah lösen. Die im Laufe der Zeit immer in Aufgaben und Personal aufgeblähten Verkehrsverbünde können reformiert, auf ihre Kernfunktionen (Tarif- und Angebotsabstimmung) und in ihrer Zahl reduziert beschränkt werden.
  • Netz und Betrieb sind strikt zu trennen. Das Netz ist außerhalb und ohne Einflussnahme der DB AG gemeinwohlorientiert vorzuhalten. Durch die Gründung der DB InfraGo unter dem Dach der DB AG werden die grundsätzlich aufgezeigten Probleme des fehlenden Wettbewerbs nur weiter zementiert. Diese Vorgehensweise wird weiterhin mit zu erwarteten höheren Kosten und ineffizienten Abläufen einhergehen und in Folge zu höheren Preisen für die Verbraucher führen.
  • Eine grundlegende Neujustierung des ÖPNV und der DB AG ist sicherlich nur mittel- bis langfristig möglich. Mit der Reform des ÖPNV sollte jedoch sehr zeitnah in vorab vereinbarten Schritten begonnen werden. Eine derartige Vorgehensweise böte den Vorteil, alle Betroffenen auf dem Weg zur Mobilitätswende mitzunehmen. Machen wir uns jedoch nichts vor: Als Hauptproblem der Mobilitätswende wird sich der Widerstand der um ihre Pfründe bangenden Personen erweisen. Wir sollten genau hinsehen.

Prof. Dr. Rüdiger Sterzenbach  09.11.23

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