Umstellung des Busverkehrs im Landkreis Mayen-Koblenz.

Mit der Umstellung des Busverkehrs wollte der Landkreis Mayen-Koblenz seinen ÖPNV deutlich verbessern. Doch durch Busse, die zu spät oder gar nicht kommen; schlecht vorbereitete Busfahrer z.B. aus Spanien oder Polen ohne ausreichende Sprachkenntnisse, die falsche Routen nehmen oder gar in Unfälle verwickelt sind; schlecht oder zu spät umgestellte Haltestellen und Corona-bedingte Ausfälle von Fahrten ist der Aufschrei der Menschen groß. Zu Recht. Was sind die Ursachen für den misslungenen Start? Ich habe dies in einem ganzseitigen Beitrag für die Rhein-Zeitung (4. April) analysiert und dokumentiere ihn hier noch einmal:

In vielen Regionen schreiben von der Politik geschaffene Verkehrsverbünde Fahrleistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) aus und stellen dies als vorteilhafte Nutzung des Wettbewerbs auch zum Wohl der Umwelt dar. In Rheinland-Pfalz ist dies neben anderen der Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM), dessen Gesellschafter die Gebietskörperschaften des ehemaligen Regierungsbezirkes Koblenz sind (ohne Birkenfeld und Bad Kreuznach).

Wie die Geschichte der Ausschreibungen von ÖPNV-Leistungen durch die politisch geschaffene Monopolorganisation VRM zeigt, wird den am Wettbewerb teilnehmenden Verkehrsunternehmen vom VRM vielfach kaum die Möglichkeit zur Einbringung eigener Ideen und Innovationen gegeben. Damit wird auf eine höhere Effizienz mit größerer Nachfrage und umweltgerechterer Gestaltung eines kundenorientierten ÖPNV absichtlich verzichtet.

Die Vermutung liegt nahe, dass sich beim VRM augenscheinlich eher der Illusion hingegeben wird, dass Planer in einem Monopol den Ausgleich von Angebot und Nachfrage besser hinbekommen, als dies im Zusammenspiel von Fahrgästen und Unternehmen erfolgen würde. Die Ausschreibungspraxis von Fahrleistungen im ÖPNV des VRM weist nicht selten eine übergroße Detailverliebtheit auf („total überplant“), die durch eher geringe Wertschöpfungstiefen und wenig Flexibilität gekennzeichnet ist.

Kommunalen Verkehrsverbünden wird hin und wieder eine tendenzielle Anmaßung von Wissen vorgehalten. Im konkreten Fall liegt dies nahe, wenn im VRM Busse ohne Fahrgäste („Geisterbusse“) quasi rund um die Uhr ökonomisch und ökologisch unsinnig durch die Landschaft fahren und in erheblichem Umfang dringend benötigte Gelder vernichten. Klagen ähnlicher Art zum Beispiel von Landräten in der Gesellschafterversammlung des VRM an einem vielfach vom VRM nicht nachfragegerecht geplanten ÖPNV-Angebot sind ein beredtes und belastbares Zeugnis dieser augenscheinlichen Fehlentwicklungen zum Nachteil der Umwelt und der Fahrgäste.

Infolge eher schlechter Angebotsplanungen ist auch festzustellen, dass offenbar örtliche Gebietskörperschaften im Nachgang zu den Ausschreibungen des VRM den direkten Weg zu den beauftragten Omnibusunternehmen suchen, um – durch diese Einbindung der Fachkompetenz der Unternehmen vor Ort – Nachbesserungen im Angebot zu erreichen. Es stellt sich zudem die Frage, ob durch eine stärkere Einbeziehung der Kompetenz der örtlichen Verwaltungen Fehler in den Planungen vermindert, wenn nicht sogar vermeidbar gewesen wären.

Der VRM hat zuletzt im Kreis Mayen-Koblenz eine auch unter bundesweiter Betrachtung sehr große Ausschreibung vorgenommen. Wie die Geschichte von Ausschreibungen im ÖPNV lehrt, bedarf es je nach Größe der Ausschreibung eine nicht selten längere Zeit, bis Fehler behoben werden und sich ein reibungsloser Verkehr langsam einspielt. Diese Phase ist – es liegt in der Natur der Sache – vielfältig bei allen beteiligten Akteuren mit großen Sorgen, „Aufgeregtheiten“ und auch einem „Drang nach Öffentlichkeit“ verbunden.

Ungewöhnlich ist in diesem Prozess der Anpassung auch nicht der Umstand, dass gelegentlich Politiker die Gelegenheit zur öffentlichen Darstellung nutzen. Wer mag ihnen diese Vorgehensweise auch verdenken, wenn das zur Durchführung der Verkehre beauftragte Verkehrsunternehmen zweimal wegen mangelnder Leistungen abgemahnt wird und gerade auch Kinder die leidvoll Betroffenen sind?

Zur Bewertung der Vorgänge im Kreis MYK bedarf es jedoch einer konkreten, tiefer gehenden und umfassenderen Betrachtung – hier insbesondere auch unter dem bisher kaum vorgenommenen Blickwinkel der Aufgaben und der Aufgabenerfüllung durch den Verkehrsverbund VRM.

Die Betriebsaufnahme war durch das vom VRM beauftragte Verkehrsunternehmen schlichtweg mangelhaft – diese Bezeichnung ist eher als eine beschönigende Formulierung anzusehen. Es ist unstrittig, dass in der Tat Fahrer fehlten und viele der eingesetzten Fahrer nicht hinreichend ausgebildet waren. Diese Tatbestände fanden sich mit einem großen Widerhall auch in der Presse wieder. An dieser Stelle ist jedoch auch festzuhalten, dass die bei Betriebsbeginn aufgetretenen Unregelmäßigkeiten auf ein Managementversagen beim beauftragten Verkehrsunternehmen schließen lassen. Die für eine Betriebsaufnahme in dieser Größenordnung – und unter Covid-19-Bedingungen – umfangreichen notwendigen Vorbereitungen wurden von dem verantwortlichen Management augenscheinlich nicht in Angriff genommen oder unterschätzt.

Die zweite Abmahnung des Verkehrsunternehmens durch den VRM kam für nicht wenige fachkundige und mit den Leistungsdaten des beauftragten Verkehrsunternehmens vertraute Personen jedoch überraschend. Zu diesem Zeitpunkt waren nach Auffassung nicht weniger Fachleute zum einen wesentliche beim Betriebsbeginn aufgetretene und von dem Verkehrsunternehmen zu verantwortende Mängel im größeren Umfang bereits abgestellt. So konnte werktäglich – nach einsehbaren Daten – bei nahezu knapp 2000 Fahlplanfahrten ein insgesamt kontinuierlicher Rückgang von Fahrtenausfällen und der Ausfallquote bis unter ein Prozent erreicht werden. Andererseits waren zudem bereits zum Zeitpunkt der zweiten Abmahnung erhebliche Zweifel angebracht, ob die durch Verkehrsvertrag vom beauftragten Verkehrsunternehmen durch den VRM verlangten Leistungen in der vom VRM gewünschten Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß erbracht werden können.

Diese Zweifel sind besonders dann angebracht, wenn augenscheinlich auch beim VRM bis heute eher große Defizite in Bezug auf die ordnungsgemäße Auftragsvergabe und nicht geprüfte Umsetzungsmöglichkeiten ihrer an das Verkehrsunternehmen erfolgten Vorgaben bestehen. Der Schluss liegt nahe, dass der VRM somit selbst als ein nicht gerade kleiner Treiber und Verursacher der entstandenen Mängel angesehen werden muss.

1 Ausschließlich der VRM (oder ein von ihm beauftragter Dritter) und eben nicht wie in der Öffentlichkeit oft fälschlich dargestellt das beauftragte Verkehrsunternehmen hat im vorliegenden Fall als Auftraggeber die vertragsgemäße Verantwortung für die ordnungsgemäße Ausstattung der regulären Haltestellen. Das Verkehrsunternehmen hat bereits zu Betriebsbeginn dem VRM circa 2,3 Millionen Euro als Einmalzahlung und zudem seit November 2021 monatlich gut 25 000 Euro vertragsgemäß für die zu erbringenden Leistungen an den VRM überwiesen. Ein Blick in die Ausschreibungsunterlagen zeigt jedoch, dass der VRM eine Ausschreibung für die Ausstattung der Haltestellen erst nach Betriebsbeginn der Verkehre in MYK vorgenommen hat. So wurden die Vergabeunterlagen erstmalig am 16. Dezember 2021 veröffentlicht (vom VRM am 11. Dezember abgesendet). Am 7. Januar kam es zur Berichtigung der Angebotsunterlagen, insofern wurden wesentliche Leistungstermine zeitlich weiter nach hinten verschoben

Dem Verkehrsunternehmen wurde öffentlich vielfältig die „Schuld“ für die „chaotische“ Situation an den Haltestellen zugewiesen, ohne dass es der VRM bisher vor dem Hintergrund der Fakten für nötig befunden hat, hier öffentlich korrigierend zur Entlastung des Verkehrsunternehmens entgegenzuwirken. Vielleicht liegt es aber auch daran, so die Erkenntnis bei weiterer näherer Betrachtung der Ausschreibungsunterlagen, dass der VRM für MYK zur Vertragserfüllung tatsächlich keine spezifische und zeitgerechte Ausschreibung der Haltestellenausstattung vorgenommen hat. Die Ausschreibung des VRM zur Ausstattung von Haltestellen bezieht sich grundsätzlich auf die Haltestellen in allen Kreisen des Verkehrsverbundes. Nur in der sogenannten „Phase Start“ werden auch die Haltestellen in MYK explizit einbezogen.

Selbst heute sind die Haltestellen vom VRM vielfältig nicht vertragskonform und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend hergerichtet. Sie nicht selten in einem noch eher als „miserabel“ zu bezeichnenden Zustand.

2 Auch die detaillierte Erstellung der Fahrpläne fällt gemäß den Ausschreibungsunterlagen in den Aufgabenbereich des VRM und ist nicht Aufgabe des Verkehrsunternehmens. Die Fahrpläne wurden im konkreten Fall von dem beauftragten Verkehrsunternehmen bestätigt. Das Verkehrsunternehmen legt in einer hier geforderten schriftlichen Auskunft jedoch Wert darauf, dass mit dieser Bestätigung keinesfalls die Aussage verbunden sein soll, dass das geplante ÖPNV-Gesamtkonzept möglich und die Infrastruktur dazu ausgelegt sei. Es ist nach den vorliegenden Erkenntnissen davon auszugehen, dass der VRM die neben der Erstellung der Fahrpläne notwendige grundsätzliche und umfassende Umsetzungsplanung nicht oder zumindest nicht hinreichend durchgeführt und/oder veranlasst hat. Mit anderen Worten: Sind die dem Verkehrsunternehmen vom VRM vorgegebenen Fahrpläne überhaupt vom Verkehrsunternehmen in dieser Form so „fahrbar“? Und sind insbesondere die notwendigen Voraussetzungen im Bereich der Infrastruktur gegeben?

Beispielhaft sei unter anderem – so nach Darstellung in internen Dokumenten – auf das bei Betriebsaufnahme noch bestehende Durchfahrtsverbot für Lkw und Omnibusse ab neun Tonnen auf der Linie 380 Kürrenberg–Kaisersesch im Bereich Kehrig und Düngenheim hingewiesen. Beim Forsthaus Dieblich standen bei Aufnahme der Verkehre Durchfahrtverbotsschilder. Wen mag es verwundern, wenn die Fahrerinnen und Fahrer unter Berücksichtigung dieser Umstände im Einzelfall auch „andere Wege“ zur Fortsetzung der Fahrten suchten, wollten sie nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Wege, die nicht selten eine Weiterfahrt dennoch nicht ermöglichten …

3 Der Dorfplatz in Plaidt ist räumlich sehr beengt. Trotz dieser baulichen Gegebenheiten wurde dem Dorfplatz vom VRM eine sogenannte „Rendezvous“-Funktion zugeordnet. Dies bedeutet heute in der Praxis im täglichen Ablauf – mit mehr als 200 Fahrten am Tag und knapp unter 200 Standzeiten von Fahrzeugen und Fahrern unter 15 Minuten – ein sehr großes auf dem Dorfplatz nicht zu bewältigendes Verkehrsaufkommen. Es fehlen zum Beispiel nicht nur hinreichend Halteflächen für ein reibungsloses und gefahrloses Betreten und Aussteigen der Fahrgäste sowie Platz zum vorübergehenden Halten/Parken der Omnibusse, auch zum Einhalten gesetzlich notwendiger Pausen. Die sanitäre Situation ist für die Fahrerinnen und Fahrer am Ort schlichtweg katastrophal und unzumutbar.

Die Hauptstraße und der Kreisverkehr in der Plaidter Hummerichstraße sind durch ihre bauliche Enge zumindest zur Durchführung eines reibungslosen, den Normen entsprechenden ÖPNV ungeeignet. In der Hauptstraße kommt es zu Begegnungen der Omnibusse, die an den Engstellen vielfach ein nach der Straßenverkehrs-Zulassung- Ordnung (StVO) verbotenes Zurücksetzen erforderlich machen. Der Kreisverkehr hat nach jetzigem Kenntnisstand und vorliegender gutachterlicher Äußerung am Ende der Hummerichstraße einen zu kleinen, der Norm entsprechenden Radius. Nach weiteren gutachterlichen Ausführungen müssen auch in Ochtendung die Busse beim Wenden an der Schillerstraße notwendigerweise regelmäßig rückwärts in eine Kreisstraße stoßen, obwohl dies dort nach der StVO nicht zulässig ist. Angedachte bauliche Lösungen kamen bisher nur teilweise zum Tragen. Geringere Fahrtenzahlen und zum Beispiel eine Begrenzung der Fahrzeuggröße (keine Gelenkbusse) lösen nicht grundsätzlich die Problematik möglicher Verstöße gegen die StVO und mindern nicht dauerhaft die große Gefahr für alle am Verkehr Beteiligten, inklusive Fußgänger. Dies umso mehr, als ein möglicherweise „gezirkeltes Durchfahren“ der Wendestelle nur gelingt, „wenn man mit dem Heck über den Bordstein läuft“.

4 Das Verkehrsunternehmen hat dem VRM eine einmalige Summe von knapp 550 000 Euro und zudem monatlich ab November 2021 gut 20 000 Euro für die vertragsmäßig vom VRM vorzunehmende Ausstattung der den Unternehmen gehörenden Fahrzeuge mit Wifi überwiesen. Bisher hat weder der VRM noch ein von ihm beauftragtes Unternehmen – nach Auskunft des beauftragten Verkehrsunternehmens – auch nur ein einziges Fahrzeug mit Wifi ausgestattet. Soweit überprüft werden konnte, hängt die Werbung für Wifi in den Omnibussen aus – das Fehlen von Wifi führt bei Fahrgästen zu Unverständnis und Kritik.

Zusammenfassend muss davon ausgegangen werden, dass es einer grundsätzlichen Diskussion und Revision mit grundlegenden Veränderungen im vom VRM vorgelegten Fahrplan bedarf. Es bedarf beim VRM zudem wieder einer wesentlichen Besinnung auf die Rückführung seiner Aufgaben auf die ursprüngliche Zielsetzung und Aufgabe, insbesondere einheitlicher Preis und einheitlicher Fahrplan. Die krakenartige Vermehrung der Aufgaben – und damit verbundene Planstellen für Mitarbeiter – sollte zeitnah hinterfragt werden. Gute vergleichende Einblicke ermöglicht das www.oepnv-transparenzregister.de. Machen wir uns nichts vor, seien wir ehrlich: Der VRM – das sind wir alle – wird getragen von Gebietskörperschaften und den in die Gremien entsandten Politikerinnen und Politikern. Die Entscheidungen am Ort waren in der Regel den örtlichen politischen Entscheidungsträgern bekannt. Oder sie hätten mindestens bekannt sein sollen.

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