Verkehrspolitische Geisterfahrer und Flickschusterei: So wird dies nichts mit der Mobilitätwende.

Es ist im Öffentlichen Personennahverkehr auch durch eine Reform des aus dem vorherigen Jahrhundert stammenden Personenbeförderungsgesetzes die große ordnungspolitische Aufgabe mit einem neuen Ordnungsrahmen zu bewältigen, damit die zu schaffenden Regeln für alle Marktteilnehmer gleich und uneingeschränkt gelten sowie eine diskriminierungsfreie Teilhabe am Markt mit bestmöglicher Nutzung privater Initiativen, Innovationen und auch Investitionen auf wettbewerblicher Basisdauerhaft ermöglichen. Nur so kann es zu einem bestmöglichen Erfolg in der angestrebten Mobilitätswende kommen.

Bei Betrachtung der nunmehr vorliegenden Reformergebnisse, ist leider die Sorge nicht von der Hand zu weisen, dass einer wachsenden Zahl von Politikern zunehmend der ordnungspolitische Kompass verloren gegangen ist, wenn sie denn der Vorstellung weiterhin unterliegen, dass Manager in staatlichen Monopolen besser mit dem Geld der Bürger umgehen als unternehmerisch handelnde Bürger selbst und wenn diese Politiker vergessen, dass nur am Markt erfolgreiche Produkte und im Wettbewerb bewährte Konzepte der nachhaltig beste Weg sind, ressourcenschonend und kostensparend die zukünftige umweltschonende Mobilität zu schaffen.

Lesen Sie hierzu meine Analysen und Antworten auf drängende Fragen im Öffentlichen Personennahverkehr, erstmals erschienen in „Der Nahverkehr“ 👉https://www.busundbahn.de/publikationen/der-nahverkehr.html

Staat statt Markt?

Wo steht der Wettbewerb im ÖPNV? Ein Plädoyer wider die ordnungspolitischen Geisterfahrer

Wer wird der Mehrheit unserer Politiker widersprechen wollen, wenn sie in ihrer Verantwortung für den Wohlstand Deutschlands – gerade und besonders auch in der Zeit des digitalen Wandels – weiterhin den Wettbewerb als Grundelement der Sozialen Marktwirtschaft begreifen sowie in Programmen und Verlautbarungen das Erbringen unternehmerischer Leistungen denjenigen überlassen wollen, die sich im Wettbewerb hervortun. So ist es besonders und vielfach anlässlich des siebzigsten Geburtstags der Sozialen Marktwirtschaft allenthalben zu vernehmen. Wer nun glaubt, die deutsche Politik verstehe in ihrer Mehrheit auf allen politischen Ebenen – unabhängig von Programmen und Festreden – freiwillige Marktarrangements und Austauschbeziehungen auch in der alltäglichen Praxis als wesentliche Grundelemente eines Entdeckungsverfahrens zur Schaffung von Wohlstand, der irrt. Insbesondere seit Beginn der Großen Koalitionen ist in Deutschland zunehmend ein (Neo-)Protektionismus zu beobachten, der sich auf kommunaler Ebene auch gerne hinter dem Begriff (Re-)Kommunalisierung verbirgt. Die Abschottung – und eben nicht die Öffnung – von Märkten, wird vielfach zum wenig hinterfragten Prinzip der Politik. Es wird verdrängt oder ausgeblendet, dass abgeschottete Märkte letztendlich für die Menschen nicht das Maximum an dauerhaftem Wohlstand und sozialem Fortschritt bringen. Es wird vergessen, dass in einem großen politischen Spektrum erkannt worden ist, dass Vielfalt (heute auch Diversität genannt) und die Freiheit der individuellen Entscheidungen am besten in einem System offener Märkte gedeihen. Jeder (wirtschaftlich) frei denkende und handelnde Mensch stärkt die Diversität und erhöht damit das Gemeinwohl.

Die Reformrenditen der marktöffnenden Entscheidungen in den Regierungszeiten der beiden letzten Bundeskanzler – und damit gefördert die nachfolgend bis heute sehr gute wirtschaftliche Lage – begünstigen auch einen Zustand, in dem heute in der Politik nur in einem geringeren Maße die Bereitschaft besteht, sich öffentlich und offensiv gegen marktabschottende, wohlfahrtsmindernde Tendenzen in Deutschland zu wenden. Es wird seit Jahren in großem Umfang geerntet, was Vorgänger gesät haben. Es kann dabei der Gedanke nicht verhehlt werden, dass die eingetretenen Erfolge durch die marktwirtschaftliche Belebung der Wirtschaft zur Bedrohung der notwendig vorzunehmenden Reformschritte der Sozialen Marktwirtschaft werden können.

Ordnungspolitische Prinzipien wurden und werden zunehmend auch von Politikern der Partei über Bord geworfen, deren Vorsitzender Ludwig Erhard einst war. Es ist auch in dieser Partei augenscheinlich in der Tagespolitik nicht mehr selbstverständlich und immer erkennbar, dass die Menschen in Deutschland die Soziale Marktwirtschaft, auf der Grundlage der Wettbewerbsordnung, als gesellschaftliches Leitbild für die Entwicklung und Sicherung der Eigenverantwortung, der Freiheit und des sozialen Fortschritts brauchen. Es gilt für Politiker selbst dieser Partei heute nicht in jedem Fall die Tendenzaussage Erhards, dass eine freiere Wirtschaft eine sozialere ist und eine freiheitliche Gesellschaftsordnung nur mit einer freien Wirtschaft dauerhaft bestehen kann.

Es ist zu beachten, dass die freiheitliche Wirtschaftsordnung – ebenso wie eine freiheitliche Gesellschaftsordnung – einem ständigen Wandel unterliegt. Dies stellt jedoch besondere Anforderungen an die Kenntnis und Einhaltung der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Das Ignorieren dieser Anforderungen und ihre Vernachlässigung in der täglichen Politik wird gerne verharmlosend als politisch pragmatische Vorgehensweise bezeichnet. Die Soziale Marktwirtschaft als deutscher Wohlstands- und Demokratiegarant und erfolgreicher Weg zwischen staatlicher Monopolwirtschaft und Manchesterkapitalismus bedarf der Revitalisierung durch mutige Reformen, was ein entsprechendes Bewusstsein bei Erhards erklärten Anhängern voraussetzt.

Marktabschottung im ÖPNV?

Als Beispiel einer diskriminierenden Abschottung von Märkten und protektionistischer Markteingriffe von Seiten des Staates soll im Folgenden die Verkehrspolitik im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) exemplarisch herangezogen werden. Zwar sollen Eigenarten dieses Marktes nicht geleugnet werden, dennoch sind vielfältige, in Folgenden genauer erläuterte Fehlentwicklungen aufgrund mangelnder Wettbewerbsorientierung sowie wettbewerbsfeindlicher Ausgestaltungen zu konstatieren.

Im öffentlichen Nahverkehr auf der Straße wurde die Ordnung des Marktes als Wettbewerbsplattform und Entdeckungsverfahren historisch nur sehr eingeschränkt als grundlegende Zielsetzung angesehen und nur selektiv genutzt. Es wird dadurch wohlfahrtsschädlich auf bessere marktwirtschaftliche Ergebnisse zum Vorteil der Kunden verzichtet und somit auch die erforderliche Mobilitätswende nicht in stärkerem Umfang verwirklicht. Die Soziale Marktwirtschaft mit freiem Marktzugang und Privateigentum wird bewusst weitestgehend außer Kraft gesetzt. Während sich sowohl private Omnibusunternehmen als auch Bahnbusgesellschaften nach einer Öffnung der Märkte in ihren jeweiligen Bereichen dem Wettbewerb stellen müssen, schaffte der Gesetzgeber mit der sogenannten Direktvergabe den kommunalen Eigentümern den Spielraum, um sich mit ihren Betrieben dem Wettbewerb zu entziehen. Steuerliche Privilegien begünstigen im Einzelfall diese monopolistische Festigung der Position außerhalb des Wettbewerbs und helfen zudem, den Weg in die (Re-)Kommunalisierung zu beschleunigen. Manche politischen Entscheider verkennen in diesen Fällen nicht selten, dass es im Interesse des Gemeinwohls nicht vordringlich ihre Aufgabe sein sollte, die Interessen „ihrer“ Betriebe und Unternehmensgruppen durch diskriminierende Marktabschottung vor potentiellen Wettbewerbern zu schützen.

Die Rolle der Verkehrsverbünde im Wettbewerb

Viele Städte und Landkreise haben ihre Aufgaben im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs auf gemeinsam errichtete sogenannte Verkehrsverbünde und vor Ort auf sogenannte lokale Nahverkehrsgesellschaften übertragen. Die Monopolisierung des Marktes wurde durch die Schaffung dieser Institutionen verstärkt. Der Markt ist mit heutigem Stand durch einen tiefgreifenden Reformbedarf gekennzeichnet. Zwar schreiben Verbünde und Nahverkehrsgesellschaften Verkehrsleistungen vielfach aus und stellen dies als vorteilhafte Nutzung des Wettbewerbs dar. Mit Verwunderung muss jedoch nicht selten festgestellt werden, dass den am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen – nicht nur in den ersten Ausschreibungen – kaum die Möglichkeit zur Einbringung eigener Ideen und Innovationen gegeben wird. Die Unternehmen wurden und werden in diesen Fällen weitestgehend zu „Lohnkutschern“ in einer staatlichen Angebotsplanung. In weiten Bereichen war ein Reallohnrückgang insbesondere zu Lasten der betroffenen Omnibusfahrer/-innen und ihrer legitimen Interessen festzustellen.

Es liegt der Schluss nahe, dass die hier tätigen, nicht selten marktfernen politischen Entscheider und Planer von der Annahme ausgehen, besser als private Marktteilnehmer erkennen zu können, welche Maßnahmen,

Innovationen und Technologien dem öffentlichen Nahverkehr auf der Straße eine gute Zukunft sichern. Es kann und sollte hier zudem hinterfragt werden, warum die Entscheidungsträger in Verbünden und Nahverkehrsgesellschaften, die letztlich mit dem Geld der Bürger arbeiten, auf die von ihnen beschriebenen Vorteile des Wettbewerbs verzichten, wenn sie den bedeutendsten Teil des Marktes, das Netzmanagement und die Koordination des Angebotes, von ihren Ausschreibungen ausnehmen und damit den Wettbewerb außen vor lassen. Sie nehmen stattdessen diese zentrale Aufgabe für sich selbst – und damit ohne Wettbewerbsverfahren – in Anspruch. Die durch diese Vorgehensweise im Wesentlichen fehlende wettbewerbliche Innovationsdynamik um die beste Angebotsgestaltung lässt vielfach bestehende Mängel in der Effizienz und Kundennähe des Angebots unangetastet und schreibt sie damit tendenziell fort.

Die zufließenden öffentlichen Mittel können nicht so wirtschaftlich und nachfragestiftend eingesetzt werden, wie es ansonsten im Wettbewerb der besten Ideen zum Wohle der Kunden der Fall wäre.

Die Ergebnisse eines solchen Wettbewerbs der Ideen könnten dazu beitragen, die Nachteile der traditionellen staatlichen Interventions- und Lenkungspolitik zu mindern und auch zusätzliche Nachfrage für den öffentlichen Nahverkehr auf der Straße zu generieren. Bei aller gebotenen Zurückhaltung in den textlichen Formulierungen lässt sich die Schlussfolgerung nicht von der Hand weisen, dass die Kunden im öffentlichen Nahverkehr auf der Straße und die Steuerzahler nicht im notwendigen Maße zu den Gewinnern im derzeitigen System gehören. Bestehende Mängel im Angebot werden nicht grundlegend und dauerhaft zum Wohl der Fahrgäste bestmöglich behoben.

Die großen Anforderungen und Anstrengungen zur Gestaltung der unabdingbaren und überfälligen Mobilitätswende bedürfen im Besonderen der Beseitigung der Ineffizienzen im öffentlichen Personennahverkehr auf der Straße durch Öffnung der Märkte.

Gerne wird von Vertretern der Verkehrsverbünde und lokalen Nahverkehrsgesellschaften hervorgebracht, dass die von ihnen durchgeführten Ausschreibungen auch zu einer Ressourceneinsparung und kostengünstigeren Erbringung der wettbewerblich vergebenen Leistungen im öffentlichen Nahverkehr geführt haben. Dies ist richtig und sollte unstrittig sein. Gleichzeitig ist jedoch auch unstrittig die weiterhin ungebrochene Tendenz festzustellen, dass die Zahl der Stellen und der Ressourcenverbrauch in diesen öffentlichen Monopolenb zugenommen haben. Es wird nicht selten vermutet, dass die wettbewerblichen Einsparungen bei den ausgeschriebenen Leistungen im öffentlichen Nahverkehr auf der Straße durch einen zusätzlichen größeren Stellenpool und Ressourcenverbrauch in Verbindung mit den Ausschreibungskosten bei den ausschreibenden öffentlichen Monopolen egalisiert, wenn nicht übertroffen werden. Eine belastbare empirische Überprüfung wäre hier wünschenswert.

Wie nicht selten in öffentlichen Monopolen, ist es im Einzelfall nur schwer erkennbar, wer letztendlich Begünstigter des Einsatzes der vom Bürger aufgebrachten Mittel ist. Dieser Tatbestand erschwert die politische Diskussion über eine an den Interessen der Nachfrager als Kunden ausgerichtete Nahverkehrspolitik und schafft Möglichkeiten zum Ausschöpfen von Insiderwissen.

Den Verkehrsverbünden und Nahverkehrsgesellschaften wird gelegentlich eine tendenzielle Anmaßung von Wissen vorgeworfen. Stimmt man mit den Verbünden und Nahverkehrsgesellschaften überein, die sich dafür preisen, dass durch ihre Ausschreibungen und den Wettbewerb erhebliche Leistungssteigerungen zum Wohl der Fahrgäste hervorgerufen wurden, so ist unmittelbar die Frage nach einer Ausschreibung und den Wettbewerb um die Leistungen der Verkehrsverbünde und Nahverkehrsgesellschaften zu stellen. Es gilt einmal mehr an dieser Stelle festzuhalten, dass beste Innovationen und Ideen für die zukünftige Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs – auch auf der Straße – in der Regel nur im Wettbewerb, dem sich auch Verkehrsverbünde und lokale Nahverkehrsgesellschaften selbst umfänglich zu stellen haben sollten, und nicht ausschließlich in einer staatlichen Planung gehoben werden können. Es sollte eher den Fahrgästen und nicht den staatlichen Planern das Angebot gefallen.

Direktvergabe und Kommunalisierung

Öffentliche Unternehmen beteiligten sich in den vergangenen 15 Jahren gelegentlich über Tochtergesellschaften und weitere Beteiligungen an Ausschreibungen im Markt für Nahverkehrsleistungen. Durch ihren möglichen Schutz vor Wettbewerb durch Direktvergabe, war in diesen Fällen ein erheblicher Verstoß gegen die Chancengleichheit im Wettbewerb gegeben, wenn nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der im Markt erzielte Preis aus steuerlichen Mitteln begünstigt sein mochte. Eine Wettbewerbsbeteiligung eines kommunalen Unternehmens – über Beteiligungen – wirft besonders dann Fragen auf, wenn die ausschreibende Kommune und der Verkehrsbetrieb im weitestgehend gleichen Eigentum sind. Eine interessengeleitete Gestaltung der Ausschreibung lässt sich in diesen Fällen sicherlich nicht immer leicht verhindern. Immerhin an dieser Stelle wurden mittlerweile einschränkende Rahmenbedingungen für eine Direktvergabe festgelegt: Wenn ein kommunales Verkehrsunternehmen per Direktvergabe beauftragt wird, darf es weder selbst noch über Tochter- oder Schwestergesellschaften im Wettbewerb an anderer Stelle aktiv werden. Daraufhin haben zahlreiche der betroffenen kommunalen Unternehmen ihre auswärtigen Aktivitäten aufgegeben beziehungsweise veräußert, um im Heimatmarkt eine Direktvergabe in Anspruch nehmen zu

können. Die Tendenz der kommunalen Eigentümer und der Verkehrsunternehmen, den geschützten Markt einer Direktvergabe einer eigenen Beteiligung am Wettbewerb auch außerhalb des eigenen Bereichs vorzuziehen, ist unübersehbar. Sowohl der Fall, dass auf eine Direktvergabe an ein kommunales Verkehrsunternehmen verzichtet wird, um weiterhin eine Tätigkeit im Wettbewerb zu ermöglichen, als auch der Fall, dass ein kommunales Verkehrsunternehmen um seine Leistungen im Heimatmarkt in den Wettbewerb geschickt wird, ist in Deutschland nur in wenigen Ausnahmefällen festzustellen.

Hinzu kommt, dass es im Zuge von Direktvergaben durchaus auch zur Kommunalisierung von Leistungen kommt, die jahrzehntelang entweder durch private Anbieter oder durch Bahnbusgesellschaften betrieben wurden. Hier wird also nicht nur der bisherige Markt der kommunalen Verkehrsunternehmen geschützt, sondern noch vergrößert. Angesichts der Tatsache, dass (je nach Berechnungsweise) ohnehin bereits bis zu 70 Prozent des deutschen Busverkehrsmarktes im öffentlichen Nahverkehr von kommunalen Verkehrsbetrieben bedient werden, ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung. Der Begriff Soziale Marktwirtschaft, der ein schöpferisch handelndes Unternehmertum impliziert, gerät in die Nähe einer inhaltsleeren, beliebigen Hülle.

Wettbewerb im SPNV

Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wurde weitestgehend in den Wettbewerb überführt. Es fahren bis auf Ausnahmen keine Nahverkehrszüge mehr, deren Betreiber sich nicht vorher in einem Wettbewerbsverfahren als Anbieter durchgesetzt haben. Nach vielfältigen, übereinstimmenden Aussagen hat der Wettbewerb Effizienzvorteile hervorgebracht, die den Fahrgästen zu Gute kommen und die Nachfrage auf der Schiene gesteigert haben. Leider ist diese positive Entwicklung bei näherer Betrachtung tatsächlich nur vordergründig dem Wettbewerb alleine geschuldet. Immerhin stellte der Bund erstmals mit fest definierten und zweckgebundenen Mitteln die finanzielle Grundlage zur Weiterentwicklung des SPNV und zur Ausweitung des Angebotes bereit.

Es ist zudem festzustellen, dass auch auf der Schiene der Wettbewerb weitestgehendauf die Ausschreibung des „Fahrens“ beschränkt ist. Ursprüngliche Gestaltungsspielräume der Unternehmen und damit die Nutzung ihrer Innovationspotentiale werden zunehmend eher nachfrageschädigend eingeschränkt (zum Beispiel Brutto- statt Nettoverträge) und von den staatlichen Aufgabenträger-Organisationen selbst im Rahmen staatlicher Planung für sich in Anspruch genommen. Diese Entwicklung geht teilweise so weit, dass auch Wertschöpfungsstufen der Unternehmen bis hin zur Beschaffung und Wartung der Fahrzeuge von staatlichen Aufgabenträgern in Monopolverwaltung durchgeführt werden. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Regelungen den Kreis der potenziellen Wettbewerbsteilnehmer erweitern sollen. Gleichzeitig mag es jedoch nicht verwundern, dass Ausweitungen der (Personal-) Budgets auch in diesen staatlichen Monopolen eher an der Tagesordnung sind.

Bei genauer Betrachtung ist zudem nicht übersehbar, dass zwar privatwirtschaftlich organisierte und arbeitende Anbieter

den SPNV-Markt prägen, diese Anbieter jedoch häufig im Eigentum ausländischer Staatsbahnen oder inländischer Staatsunternehmen unterschiedlicher gebietskörperschaftlicher Ebenen stehen. Dies mag den einen oder anderen an den alten Begriff des „Konkurrenzsozialismus“ erinnern, auch wenn dieser natürlich in einem anderen Kontext geprägt wurde. Generell ist zudem aus ordnungspolitischer Sicht, die auf eine bestmögliche Förderung des Gemeinwohls und eine interessenfreie Gestaltung der Auftragsvergabe zielt, auch im SPNV-Markt mit Sorge eine Entwicklung zu beobachten, dass staatliche Aufgabenträger-Organisationen an Gesellschaften mit gleichem staatlichen Eigentümer Aufträge vergeben, bis hin zur Direktvergabe und Ausschaltung des Wettbewerbs.

Fazit: Der Staat gibt (nur) den Rahmen vor

Zum Schluss ist ausdrücklich festzuhalten und hervorzuheben, dass die vorstehenden Ausführungen nur auf dem unumstößlichen Primat der Politik zur Gestaltung des Ordnungsrahmens und ihrem regulatorischen Interesse aufbauen. Nur und ausschließlich der demokratischen Politik steht es zu, die Rahmenbedingungen und den Ordnungsrahmen für die Schaffung, Erhaltung und Sicherung eines funktionsfähigen, diskriminierungsfreien Wettbewerbs mit einem hohen Sozialstandard durch einen starken Staat zu gestalten und durchzusetzen. Es gilt im öffentlichen Nahverkehr die große ordnungspolitische Aufgabe mit einem neuen Ordnungsrahmen zu bewältigen, damit die zu schaffenden Regeln für alle Marktteilnehmer gleich und uneingeschränkt gelten sowie eine diskriminierungsfreie Teilhabe am Markt mit bestmöglicher Nutzung privater Initiativen, Innovationen und auch Investitionen auf wettbewerblicher Basis dauerhaft ermöglichen.

In diesem Ordnungsrahmen müssen sich auch klare Regeln für On-Demand-Shuttle-Verkehre ohne festen Linienweg und Flotten von zukünftig wohl autonom fahrenden Shuttle-Fahrzeugen wiederfinden, damit sie ihren Beitrag zur Daseinsvorsorge leisten können. Es ist aus Sicht einer bestmöglichen wohlfahrtsstiftenden Ordnung nur schwer vorstellbar, dass primär Akteure aus dem öffentlichen Bereich selbst den Betrieb solcher Flotten aufbauen oder sogar mit Algorithmen hinterlegte Plattformen programmieren. Die Politik sollte sich sinnvollerweise darauf beschränken, Rahmenvorgaben für das Mindestmaß an Erschließung mit Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs zu definieren. Es wäre dann Aufgabe der Verkehrsunternehmen, unter Berücksichtigung dieser politischen Vorgaben, das bestmögliche Angebot zu planen und damit die ureigene Kompetenz in der Gestaltung von Verkehrsangeboten einzubringen. Zugegeben sind diese Aufgaben in der Regel nicht so medial auffällig wie eine eigene, direkte unternehmerische Tätigkeit im Markt.

Es ist leider auch die Sorge nicht von der Hand zu weisen, dass einer wachsenden Zahl von Politikern zunehmend der ordnungspolitische Kompass verloren gegangen ist, wenn sie denn der Vorstellung weiterhin unterliegen, sie könnten als Manager in staatlichen Monopolen besser mit dem Geld der Bürger umgehen als unternehmerisch handelnde Bürger selbst und wenn diese Politiker vergessen, dass nur am Markt erfolgreiche Produkte und im Wettbewerb bewährte Konzepte der nachhaltig beste Weg sind, ressourcenschonend und kostensparend die zukünftige umweltschonende Mobilität zu schaffen. Es gilt, sich diese Einsichten zu vergegenwärtigen, wenn in zukünftigen Zeiten möglicherweise bei weniger sprudelnden Steuereinnahmen ein Realitätsschock vermieden werden soll.

ANMERKUNG:

Es ist ausdrücklich festzuhalten und hervorzuheben, dass alle meine Ausführungen nur auf dem Primat der Politik zur Gestaltung des Ordnungsrahmens und ihres regulatorischen Interesses aufbauen, so zum Bei­spiel in der Sicherung der Daseinsvorsorge, dem sozialen Ausgleich und der wohlstandsschaffenden Wettbewerbsordnung.

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